Qualitätstests in den Schulen Wenn der Prüfer kommt, läuft der Unterricht anders

DÜSSELDORF · Schon oft gab es Kritik an den Qualitätstests in den NRW-Schulen. Morgen kommen Experten im Landtag zu Wort. In Stellungnahmen äußerten sie bereits ihre Meinung. Der Wuppertaler Bildungsforscher Jochen Krautz etwa hat große Zweifel, dass Schulprüfer nach teilweise nur 20 Minuten Unterrichtsbesuch qualifizierte Bewertungen vorlegen könnten.

Aus seiner Sicht müssten Prüfungen einige Stunden oder Tage umfassen. Die NRW-Vorsitzende von lehrer nrw, Brigitte Balbach, hält Qualitätstests zwar für eine gute Idee. Die Umsetzung sei aber ungeeignet, weil sich Schulen nur auf die Besuche und die gewünschten Unterrichtskonzepte wie Gruppenarbeit vorbereiteten. "Danach geht es oft weiter wie vorher", sagte Balbach.

Nach massiver Kritik von Lehrerverbänden an den Überraschungsbesuchen der Schulprüfer hatte Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) langfristig abgestimmte Unterrichtsbesuche beschlossen. Dabei beurteilen die landesweit 90 Inspektoren Kernelemente des Unterrichts, Arbeitsklima und Führungskultur der Schule. Qualitätsprüfer testen auch das selbstgesteuerte Lernen, Partnerarbeit oder den Einsatz von Unterrichtsmedien. Balbach kritisierte, dass die Prüfer Konzepte wie Gruppenarbeit in der Analyse deutlich bevorzugten.

Der Kölner Bildungsforscher Matthias Burchardt kritisierte das "subtile Regime von Kontrolle und Steuerung" von Qualitätsteams und Schulaufsicht über Lehrer und Schulleitung. Dies sorge für eine "Atmosphäre des berechtigten Misstrauens". Der Dortmunder Bildungsforscher Hans-Günter Rolff bemängelte, dass die Schulprüfer bei den Bezirksregierungen angesiedelt seien. Andere Länder setzten unabhängige Agenturen ein. Martina Diedrich vom Hamburger Institut für Bildungsmonitoring sieht Schwächen, weil der Umgang mit Schulen, die Mindesterwartungen verfehlen, in NRW nicht definiert sei.

SPD und Grüne sprachen sich dafür aus, dass Schulen in eigener Verantwortung entscheiden können, ihre Qualitätsberichte öffentlich zu machen. In jedem Fall müssten die Daten Gegenstand der schulinternen Beratungen im Kollegium, mit Eltern und Schülern sein. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften (GEW) begrüßte die Neuausrichtung der Qualitätsanalyse in NRW. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) hält die Analyse nur für sinnvoll, wenn Schulen bei Bedarf Unterstützung angeboten werde. Diese Hilfe sei "leider" landesweit nicht ausreichend.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Lauterbachs Gesetz führt zu Chaos
Kommentar zu den Folgen der Cannabis-Legalisierung Lauterbachs Gesetz führt zu Chaos
Zum Thema
Ende der Naivität
Kommentar zu russischer Spionage in Deutschland Ende der Naivität
Aus dem Ressort