Verbrennung von israelischen Flaggen Wenn Hass sichtbar wird

BONN · Weltweit verbrannten Demonstranten am vergangenen Wochenende israelische Flaggen und riefen antisemitische Parolen. Doch wofür steht der Begriff Antisemitismus überhaupt und haben die Demonstranten in Deutschland Straftaten begangen?

 Demonstranten setzen eine selbstbemalte Flagge mit dem Davidstern, der auch die Fahne Israels ziert, in den Straßen Berlins in Flammen.

Demonstranten setzen eine selbstbemalte Flagge mit dem Davidstern, der auch die Fahne Israels ziert, in den Straßen Berlins in Flammen.

Foto: Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V./dpa

Die von US-Präsident Donald Trump angekündigte Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels hat heftige Reaktionen hervorgerufen. Weltweit wurden am vergangenen Wochenende israelische Flaggen verbrannt und antisemitische Parolen gerufen – auch bei Kundgebungen in Berlin und München. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte die Ausschreitungen als „inakzeptabel“. In Deutschland dürfe weder Platz für alten, noch für neuen Antisemitismus sein. Doch wofür steht der Begriff und haben die Demonstranten Straftaten begangen?

Was versteht man unter Antisemitismus?

Der Antisemitismus hat seine Wurzeln im Antijudaismus, der auf religiösen Vorurteilen, vor allem auf der Ablehnung des Judentums durch das Christentum, fußt. Im Laufe des 19. Jahrhunderts veränderte sich der Charakter der Judenfeindschaft. Nachdem die meisten jungen Nationalstaaten die Juden zunächst rechtlich gleichgestellt hatten, richteten sich bald radikal-nationalistische Strömungen gegen sie. Juden wurden als fremdes und heimatloses Volk verunglimpft. Zugleich wurden sie für Fehlentwicklungen verantwortlich gemacht, die im Zuge der Industrialisierung entstanden. Im nationalsozialistischen Deutschland wurde der Antisemitismus Grundlage staatlichen Handelns. Allerdings darf nicht jedes anti-israelische Handeln automatisch mit Antisemitismus gleichgesetzt werden, denn dieser richtet sich klar gegen das Judentum.

Dürfen Flaggen einfach verbrannt werden?

Nein. Allerdings gibt es Ausnahmen. Ein Blick in das Strafgesetzbuch (StGB) offenbart, dass die Gesetzeslage in Deutschland Unterschiede zwischen der deutschen Flagge oder eines ihrer Länder und ausländischer Fahnen macht. Paragraf 90 a besagt, dass derjenige, der „eine öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder“ – etwa an einem Mast vor einer Botschaft – zerstört, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft werden kann. Ebenso strafbar ist die Verunglimpfung der deutschen Flagge in der Öffentlichkeit, etwa bei Demonstrationen. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass die Verunglimpfung zu Hause nicht strafbar ist.

Darf die israelische Flagge verbrannt werden?

Der Schutz ausländischer Flaggen ist in Paragraf 104 StGB festgehalten und sieht mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe für denjenigen, der eine „auf Grund von Rechtsvorschriften oder nach anerkanntem Brauch öffentlich gezeigte Flagge“ beschädigt oder entfernt, ein etwas geringeres Strafmaß vor. Flaggen, die Privatpersonen etwa über das Internet beschaffen und auf Demonstrationen verbrennen, nimmt dieser Schutz demnach aus, denn das gilt kaum als „anerkannter Brauch“.

Ist es Volksverhetzung, die israelische Flagge zu zerstören?

Diese Frage drängt sich insbesondere mit Blick auf die deutsche Vergangenheit auf. Volksverhetzung ist laut Paragraf 130 StGB allerdings nur die Leugnung oder Verherrlichung nationalsozialistischer Gewalt- und Willkürherrschaft sowie die Bedrohung Mitglieder einer Minderheit. Die Flagge steht allerdings nicht für die Bevölkerungsgruppe der Juden, sondern für das Land Israel.

Wie reagiert der Zentralrat der Juden in Deutschland?

Dass sich in Deutschland lebende Juden ob der jüngsten Entwicklungen bedroht fühlen, überrascht wenig. Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert daher eine Verschärfung der Gesetze. So werde man zwar den geistigen Brandstiftern nicht beikommen, räumte Zentralrats-Vizepräsident Abraham Lehrer beim Sender WDR 5 ein. Allerdings könnten Mitläufer so abgeschreckt werden. Demonstranten, die antisemitische Parolen rufen, sollten strafrechtlich verfolgt werden, forderte Lehrer. (mit Inhalten von epd)

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