Auf der Suche nach Wohnungen Wie Sie Ukraine-Flüchtlingen in Bonn und der Region helfen können

Bonn/Region · Zahlreiche Menschen aus der Ukraine kommen in diesen Tagen in Bonn und der Region an. Sie brauchen ein Dach über dem Kopf, aber auch Kleidung, Nahrung und Spielsachen. Hier eine Übersicht.

 Warten auf den Grenzübertritt: Geflüchtete aus der Ukraine kurz vor der slowakischen Seite bei Uschgorod. 

Warten auf den Grenzübertritt: Geflüchtete aus der Ukraine kurz vor der slowakischen Seite bei Uschgorod. 

Foto: dpa/Patrik Uhlíø

Bis Mitte dieser Woche sind laut UN-Flüchtlingshilfswerk schon 3,6 Millionen Menschen aus der Ukraine in die Nachbarländer geflüchtet. Wie viele davon in Deutschland angekommen sind, wissen Bund und Länder derzeit nicht. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums registrierte die Bundespolizei bis Freitag 253.157 Kriegsflüchtlinge. Innerhalb eines Tages kamen rund 7000 Flüchtlinge neu hinzu. Da es im Regelfall keine festen Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen gibt und Ukrainer zudem erst einmal ohne Visum einreisen dürfen, dürfte die Anzahl der tatsächlich Angekommenen wahrscheinlich deutlich höher liegen.

In Bonn sind laut Stadtverwaltung rund 1300 offiziell registriert. Die meisten von ihnen sind zunächst in Hotels und städtischen Notunterkünften untergebracht worden, fast 200 konnten privat vermittelt werden. Viele Kriegsflüchtlinge sind zudem bei Verwandten und Bekannten untergekommen.

Die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung ist immer noch groß. Viele Menschen fragen sich auch weiterhin, wie sie konkret helfen können. Dazu hier Fragen und Antworten.

■ Was sollte ich beachten, bevor ich mein Zuhause für Geflüchtete zur Verfügung stelle?

Für Lukas Kunert von der Initiative „Unterkunft Ukraine“ ist wichtig, vorher zu überlegen, wie lange man seine Bleibe anbieten möchte. Drei Fragen können helfen: Traue ich mir das zu? Was kann ich leisten? Wie lange möchte ich eine Unterkunft bieten?

Die Gefahr: Das Zusammenleben könnte nach der ersten Euphorie zur Belastung für beide Seiten werden. Mareike Geiling von der Hilfsorganisation „Zusammenleben Willkommen“ rät deshalb von Kurzzeitangeboten unter drei Monaten grundsätzlich ab. Sie vermittelt Wohnungsangebote nur, wenn sie mindestens ein Jahr zur Verfügung stehen, um Geflüchteten eine zeitliche Perspektive zu bieten.

■ Wer kann Geflüchtete aus der Ukraine bei sich zu Hause aufnehmen?

Kurz gesagt: jeder. Anders als in der Flüchtlingskrise 2015, als zahlreiche Menschen aus dem Nahen Osten Schutz in Deutschland suchten und zunächst Asyl beantragen mussten, dürfen Geflüchtete aus der Ukraine ohne Visum nach Deutschland einreisen – und auch hierbleiben. Die Voraussetzungen hat die EU mit der Aktivierung der sogenannten Massenzustromrichtlinie geschaffen. Die Richtlinie besagt auch, dass Geflüchtete freie Wohnortwahl haben. Sie können in einer Erstaufnahmeeinrichtung oder einer Privatunterkunft unterkommen. Lediglich für unbegleitete Kinder und Jugendliche gibt es spezielle Schutzvorschriften. Für ihre Aufnahme ist das Jugendamt zuständig.

■ Wo kann ich Wohnraum für Geflüchtete zur Verfügung stellen?

Über Online-Plattformen wie „Unterkunft Ukraine“ oder „Zusammenleben Willkommen“ können sich bundesweit Geflüchtete und Wohnungsgeber vernetzen. Zudem bieten viele Städte und Gemeinden lokale Plattformen an, über die Geflüchtete an Privatpersonen, die ein Zimmer oder eine Wohnung zur Verfügung stellen wollen, vermittelt werden.

■ Muss ich meinen Vermieter fragen, wenn ich Geflüchtete aufnehme?

Wenn die Menschen bis zu acht Wochen bleiben, gelten sie als Besuch. Laut Mieterbund müssen Vermieter bei einem längeren Aufenthalt jedoch grundsätzlich zustimmen. Eine Ausnahme besteht, wenn es sich bei den aufgenommenen Personen um Ehepartner, Lebenspartner, Kinder oder Eltern handelt. Wer Geflüchtete ohne die Zustimmung seiner Vermieter für längere Zeit aufnimmt, setzt das Mietverhältnis aufs Spiel.

■ Was gilt für Eigentümer einer Wohnung?

Dazu muss keine Erlaubnis der Hausgemeinschaft eingeholt werden, heißt es bei Haus & Grund. Es sei ausschließlich darauf zu achten, dass die Wohnung nicht überbelegt wird. Wann das vorliegt, müsse im Einzelfall geprüft werden.

■ Gibt es Mindestanforderungen für die Unterbringung?

Sie sollte den eigenen Ansprüchen genügen und menschenwürdig sein – ganz egal, ob es sich bei dem Angebot um eine ganze Wohnung oder nur einen Teil der Wohnung handelt. 

  

■ Wie gelingt das Zusammenleben mit Kriegsgeflüchteten?

Wer Menschen bei sich aufnimmt, die vor Krieg geflohen sind, ist mit einer anderen Lebensrealität konfrontiert. Um trotzdem gut zurechtzukommen, hilft laut Lukas Kunert ein verständnisvoller Umgang, der dem Gegenüber ausreichend Raum gibt. „Helfer sollten mitfühlen, aber auch Grenzen respektieren“, sagt er. Das bedeute, die Antwort zu akzeptieren, dass jemand Ruhe möchte und keinen Kontakt sucht.

Aus diesem Grund dürften Helfer nicht erwarten, dass Geflüchtete das zurückgeben können, was man gegeben hat, sagt Psychologin Eva Asselmann. Schließlich befänden sie sich in einer Ausnahmesituation. Dazu gehört auch, dass man ihnen das Erlebte nicht nehmen könne, sagt Asselmann: „Man muss aushalten, nur indirekt helfen zu können.“

■ Wie schützen sich Helfer davor, das Leid zu sehr an sich heranzulassen?

Experten raten, Wohnraum nur anzubieten, wenn für beide Seiten genug Privatsphäre bleibt. Langfristig sei eine eigene Wohnung dafür die beste Lösung. Aber auch die eigene psychische Stabilität sollten Helfer hinterfragen, sagt Psychologin Eva Asselmann. Denn nur wer stabil genug sei, könne die Kriegserfahrungen der Menschen aushalten. „Der direkte Kontakt mit Geflüchteten bringt den Krieg sehr nah an einen ran“, verdeutlicht sie. Wer schon angesichts der Bilder in den Medien nicht mehr schlafen könne, sollte eine andere Form der Unterstützung wählen.

■ Wie ist die Lage in Bonn?

Die Stadt bittet Bürgerinnen und Bürger, die ein Hilfsangebot für Geflüchtete aus der Ukraine machen möchten oder allgemeine Fragen haben, sich an die Rufnummer 0228 77-4900 zu wenden. Die Hotline ist täglich, auch am Wochenende, von 9 bis 17 Uhr erreichbar. Weil sie stark frequentiert ist, bittet die Stadt Bonn Anrufer um Geduld. Wer Geflüchtete bei sich unterbringen oder eine Wohnung zur Verfügung stellen kann, kann sich bei der Stadt unter www.bonn.de per Online-Formular melden. Auch hierbei bittet die Verwaltung aufgrund der sorgfältigen Prüfung der Angebote um Geduld. Es sollten auch nur Wohnungsangebote gemeldet werden, die eine möglichst lange Unterbringung beinhalten. 

■ Wohin kann ich in Bonn Sachspenden bringen?

Eine zentrale Anlaufstelle ist das gemeinnützige Zentrallager Sachspenden Bonn (ZeSaBo) an der Endenicher Straße 95. Es nimmt zum Beispiel Kleidung, Schuhe, Textilien, Wäsche und Haushaltsgegenstände von privaten und gewerblichen Spendern an und stellt sie kostenlos bereit. Vor der Spende sollte man sich aus Kapazitätsgründen unbedingt auf der Webseite der Initiative informieren, was derzeit benötigt wird: www.zesabo.de

■ Wo erhalten die Flüchtlinge in Bonn erste Hilfen?

Die Stadt Bonn ist mit ihrer Erstanlaufstelle von der Budapester Straße in ein früheres Bürogebäude an die Ernst-Robert-Curtius-Straße in Buschdorf umgezogen. An der Budapester Straße soll lediglich ein Lotsenpunkt für Ankommende bleiben. In der neuen Erstanlaufstelle, wo auch Geflüchtete, die mit dem Auto ankommen, für ihre Fahrzeuge genügend Parkflächen finden, sind zunächst bis zu 50 Schlafplätze eingerichtet. Dort können sich die Ankommenden von den Strapazen der Flucht erholen. Sie erhalten Nahrung und Getränke, medizinische Versorgung, Corona-Schnelltestes und erste Hinweise durch Mitarbeitende des DRK und des städtischen Sozialamtes, die von Dolmetschern unterstützt werden.

Die Verwaltung rät dazu, dass sich die Geflüchteten in Bonn möglichst schnell im Dienstleistungszentrum der Stadt, Berliner Platz 2, anmelden, weil auf dieser Grundlage alle Integrationsmaßnahmen der Behörden, Integrationskursträger und vieles mehr besser planbar würden. Allerdings sei für die Erstbeantragung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sowie die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen eine zuvor erfolgte Registrierung nicht zwingend erforderlich. Eine Registrierung könne auch anschließend erfolgen. Alle Informationen zur Beantragung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sowie viele weitere Informationen können auf der Internetseite der Stadt abgerufen werden. Auf der Webseite  findet man zudem einen Flyer mit allen wichtigen Infos auf Ukrainisch. Auch in Bonn können Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine bis auf Weiteres kostenlos mit Bus und Bahn fahren. Das Angebot gilt ab im gesamten VRS-Gebiet und umfasst alle Bus-, Straßen-, Stadt- und U-Bahnlinien sowie alle Nahverkehrszüge.

■ Welche Regelung gilt für Kinder?

Mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis und Zuweisung zu einem Wohnsitz gilt laut Schulgesetz die Schulpflicht. Nähere Auskünfte gibt es dazu unter ifk@bonn.de. Derzeit besuchen bereits 70 Kinder eine Grundschule, 95 Kinder und Jugendliche werden der Stadt zufolge in Vorbereitungsklassen der Sekundarstufe I vermittelt. Für kleinere Kinder können je nach freien Kapazitäten und Bedarf Betreuungsplätze in den städtischen Kitas zur Verfügung gestellt werden. Nähere Infos: familienbuero@bonn.de oder unter 0228/77-4070. Die Kinder können zuerst als Besuchskinder kommen.

■ Wo können sich Menschen in den Kreisen, Städten und Gemeinden der Region hinwenden?

Die Städte und Gemeinden der Kreise Rhein-Sieg, Ahrweiler und Neuwied haben ihre Kontaktdaten zu Fragen der Ukraine-Hilfe jeweils auf ihren Internetseiten hinterlegt und verlinkt. Dabei sind sie unterschiedlich umfassend vorgegangen. Hier die wichtigsten Links:

Die Gemeinde Alfter hat für Bürger, die ukrainischen Flüchtlingen eine Unterkunft anbieten wollen, einen Ansprechpartner genannt. Informationen gibt es auf der Internetseite der Gemeinde.  

Die Stadt Bornheim hat eine Infoseite eingerichtet.

Die Kontaktdaten für die Ukraine-Koordinierungsstelle im Swisttaler Rathaus sind hier erreichbar.

Die Stadt Rheinbach informiert auf ihrer Internetseite über das Thema Ukrainehilfe.

Die Stadt Meckenheim bietet im Internet alle Infos auf einen Blick.
 

Die Gemeinde Wachtberg nennt ihre Ansprechpartner für die Unterstützung der Ukraineflüchtlinge auf ihrer Seite

Die Stadt Königswinter bündelt ihre Informationen im Netz

Einen sehr umfangreichen Frage-Antwort-Katalog bietet die Stadt Bad Honnef.

Die Stadt Sankt Augustin hat die Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine in der Rubrik Familie und Soziales vereinigt.

Die Kreisstadt Siegburg informiert direkt auf ihrer Startseite über die grundlegen Fragen zur Ukraine-Hilfe.

Die Stadt Niederkassel hat ebenfalls auf ihrer Startseite alle nötigen Informationen und Links gebündelt.

Die Stadt Hennef verlinkt das Thema Ukraine-Hilfe auf dieser Unterseite.

Sehr umfassend informiert die Stadt Troisdorf auf ihrer Homepage.

Der Rhein-Sieg-Kreis als übergeordnete Gebietskörperschaft hat auf ihrer Homepage alle wichtigen Daten seiner 19 kreisangehörigen Kommunen gebündelt.

Der Kreis Neuwied ist zum Thema Ukraine-Hilfe erreichbar auf seiner Seite.

Der Kreis Ahrweiler bündelt die Kontaktdaten zu seinen Städten und Gemeinden auf der Homepage.

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