Interview mit Frank-Walter Steinmeier "Wir sind auf die Türkei angewiesen"

Berlin · Die Türkei ist nach den Worten von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mittel- und langfristig auf Europa angewiesen - "wie wir auf die Türkei". Steinmeier sagte in einem Interview mit dem General-Anzeiger, er halte "weder etwas davon, Drohkulissen aufzubauen, noch sollten wir uns überschätzen".

Die türkische Regierung empfängt den deutschen Botschafter nicht mehr, zitiert seinen Stellvertreter herbei, lässt Abgeordnete nicht die im Land stationierten Bundeswehrsoldaten besuchen, kritisiert mangelnde Pressefreiheit in Deutschland. Muss man sich das gefallen lassen?
Steinmeier: Was heißt denn hier „gefallen lassen“? Niemand tut das! Wir haben unsere Position von Anfang an unmissverständlich deutlich gemacht, und das ist von der türkischen Seite gehört worden – und das nicht gern. Das gilt aber auch anders herum: die Türkei hat klar gemacht, dass sie sich mehr Solidarität als Reaktion auf den Putschversuch erhofft hätte. Aber bei diesem Zustand können wir es nicht einfach belassen. In Deutschland leben drei Millionen Menschen mit türkischer Abstammung. Über Jahrzehnte ist ein enges und vertrautes zwischenmenschliches Netz gewachsen, das wir bewahren müssen. Und auch die Menschen in der Türkei erwarten, dass wir uns für sie einsetzen. Das kann auf Dauer nicht funktionieren, wenn wir nur über Medien, über öffentliche Erklärungen und Kamerastatements kommunizieren. Auch wenn die Gespräche absehbar schwierig werden – wir müssen wieder das Gespräch direkt miteinander suchen.

Welchen Hebel haben Deutschland und die Europäische Union in der Hand, um mäßigenden Einfluss auszuüben?
Steinmeier: Ich halte weder etwas davon, Drohkulissen aufzubauen, noch sollten wir uns überschätzen. Aber ich bin ganz sicher: Die Türkei ist mittel- und langfristig auf Europa angewiesen – wie wir auf die Türkei.

Man muss beim Blick auf die aktuelle Weltlage nicht optimistisch sein, aber man dürfe auch nicht aufhören, sich zu engagieren, meint Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Die Fragen stellte GA-Korrespondent Christopher Ziedler.

Das komplette Interview lesen Sie am Donnerstag im General-Anzeiger. (ga)

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