Notstand im Umland Wo es in der Region an Hausärzten fehlt

Bonn/Düsseldorf · Während die Städte in der Region pro Einwohner medizinisch gut versorgt sind, fehlen im Umland Ärzte. Wir zeigen, wo der Notstand am größten ist.

Wer in Bad Honnef wohnt, hat als Patient die Qual der Wahl: Die Kommune ist Spitzenreiter bei der Versorgung mit Hausärzten im gesamten Bezirk der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein. Hier kamen im September 2017 auf rund 25.600 Einwohner 23 Hausarztstellen – eine Überversorgung von 144 Prozent.

Deutlich schlechter sieht das Angebot für Patienten in Hennef aus: Hier kommen 30 Hausarztstellen auf rund 57.400 Einwohner, damit besteht eine Unterversorgung von 89,5 Prozent. Sieben freie sogenannte Sitze, die einer Vollzeitstelle entsprechen, hat die KV im vergangenen September für die Kommune ausgewiesen. Zu den Schlusslichtern im Bezirk Nordrhein zählen Kaarst mit einer Unterversorgung von 72,5 Prozent und Wermelskirchen mit 74,9 Prozent.

Etwas weniger Hausärzte fehlen in Rheinland-Pfalz: Dort sind 97 Hausarztsitze unbesetzt. Und auch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Rheinland-Pfalz bestätigt: „In ländlichen Regionen zeichnet sich ein höherer Nachbesetzungsbedarf ab.“ Und auch Pensionierungen sind ein Problem: Bis 2022 müssen zum Beispiel allein im Kreis Kusel 31 Sitze altersbedingt nachbesetzt werden. Um eine Unterversorgung zu vermeiden, will die Kassenärztliche Vereinigung zum Beispiel ein Frühwarnsystem bereitstellen. Ärzte, die sich in Gebieten mit niedriger Versorgung niederlassen, werden außerdem finanziell gefördert.

Ein Drittel Stellen nachbesetzen

Zweimal im Jahr trifft sich im Bezirk Nordrhein ein Landesausschuss mit Vertretern von Krankenkassen und Ärzteschaft, um die regionalen Zulassungsbedingungen festzulegen. Grundlage dafür sind die aktuellen Bevölkerungszahlen und die Zahl der vor Ort praktizierenden Hausärzte. Ziel ist eine statistische Versorgung von einem Hausarzt pro 1671 Einwohner. Liegt die Versorgung 110 Prozent oder mehr über diesem Wert, werden keine neuen Hausärzte in dem betreffenden Gebiet mehr zugelassen.

Mittlerweile ist ein Drittel der Hausärzte 60 Jahre alt oder älter. Ihre Stellen müssen nachbesetzt werden. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung schätzt, dass bundesweit 2030 mehr als 10.500 Hausärzte fehlen könnten.

Bund, Länder, Kommunen und Kassenärztliche Vereinigungen versuchen deshalb mit verschiedenen Förderprogrammen, frühzeitig gegen eine Unterversorgung vorzugehen: So werden Ärzte, die sich niederlassen wollen, zum Beispiel beim Umzug finanziell unterstützt. Vergangenes Jahr haben Bund und Länder außerdem den Masterplan Medizinstudium 2020 beschlossen. Darin ist etwa verankert, dass Medizinstudenten am Ende ihres Studiums in der Allgemeinmedizin geprüft werden.

"Landarztquote" bei Studienplatzvergabe

Außerdem soll es künftig eine „Landarztquote“ bei der Vergabe der Studienplätze geben. Sie regelt, dass Studenten bevorzugt werden, die sich verpflichten, später in unterversorgten Regionen tätig zu sein. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) mahnt, dass das Programm schnell in die Tat umgesetzt werden muss: „Jetzt geht es darum, den Masterplan Medizinstudium 2020 zügig umzusetzen und die Allgemeinmedizin so zu stärken. Dabei muss auch geprüft werden, ob die bestehenden Möglichkeiten einer besseren Vergütung der Landärzte in unterversorgten Gebieten weiter ausgebaut werden müssen.“

In der Diskussion ist aber auch die Bedarfsplanung: Viele Kassenärztliche Vereinigungen kritisieren, dass sie nicht mehr zeitgemäß sei – zum Beispiel weil die Menschen älter werden und somit öfter zum Arzt müssen. Der Gemeinsame Bundesausschuss als oberstes Beschlussgremium des Gesundheitssektors soll die Planung deshalb überarbeiten.

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