Mehr Taufen und Wiedereintritte Zahl der Kirchenaustritte in Deutschland sinkt

Bonn · Gegen den demografischen Wandel ist kein Kraut gewachsen: Deutschlands Kirchen verlieren weiter Mitglieder. Dennoch zeichnet sich eine Trendwende ab.

 Viele Menschen treten aus der Kirche aus.

Viele Menschen treten aus der Kirche aus.

Foto: dpa

Deutschlands Kirchen können durchatmen. Im Jahr 2016 ist es sowohl den Katholiken als auch den Protestanten gelungen, den Mitgliederschwund zu bremsen. Das geht aus den amtlichen Mitgliederstatistiken hervor, die die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die römisch-katholische Deutsche Bischofskonferenz am Freitag in Hannover und Bonn veröffentlicht haben. Demnach gehörten am 31.12.2016 insgesamt 21,92 Millionen Menschen einer der 20 evangelischen Landeskirchen an. Die 27 katholischen Erzbistümer und Bistümer zählten insgesamt 23,58 Millionen Kirchenmitglieder. Damit sind in Deutschland noch 28,5 Prozent der Gesamtbevölkerung Mitglieder der katholischen Kirche, Ende 2015 waren es noch 29 Prozent. Den evangelischen Landeskirchen gehörten noch 26,5 Prozent der Bevölkerung an, 2015 waren es noch 27,2 Prozent.

Doch bei näherem Hinsehen offenbaren die Statistiken eine Trendwende. Denn während die Kirchen kaum etwas gegen den demografischen Wandel unternehmen können – 2016 mussten die Protestanten 340.000 und die Katholiken 243.000 Kirchenmitglieder zu Grabe tragen – steigen die Zahlen der Taufen und Wiedereintritte. In den evangelischen Landeskirchen übersteigt sie sogar zum ersten Mal seit gut drei Jahren die Zahl derer, die der Kirche aus Frust oder auch aus finanziellen Gründen den Rücken kehrten. 2016 traten 190.000 Menschen aus einer der evangelischen Landeskirchen aus, gleichzeitig wurden jedoch 180.000 Menschen getauft, und weitere 25.000 kehrten nach einem Austritt zurück oder traten von einer anderen Konfession zum Protestantismus über. Und auch bei den Katholiken stieg die Zahl der Taufen – von 167.226 auf 171.531 –, während die Zahl der Kirchenaustritte von 181.925 auf 162.093 zurückgegangen ist.

„Das zeigt: Es gibt nicht nur Interesse an der Kirche, es gibt den lebendigen Wunsch, in dieser Kirche verankert zu sein“, sagt der Generalsekretär der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Pater Hans Langendörfer. Die Kirchenaustritte zeigten dagegen, „dass die Weitergabe des kirchlichen Glaubens nicht vollständig gelungen ist.“ Die Kirche müsse denen, die weggehen, „aktiv nachgehen, um ihre Beweggründe zu verstehen und unser Handeln danach kritisch zu überprüfen, um es da – wo notwendig – auch neu auszurichten“.

Auch in der Region haben sich die Mitgliederzahlen der beiden großen Kirchen positiver entwickelt als in den Jahren zuvor. So verzeichnet die Evangelische Kirche im Rheinland mit 20.598 Taufen mehr Neuaufnahmen als Austritte – deren Zahl sank von 21.106 auf 19.626. Doch auch im Rheinland ließen mehr als 40.000 Todesfälle die Landeskirche schrumpfen: Sie zählt jetzt noch 2,58 Millionen Mitglieder. 1970 waren es 3,86 Millionen. „Die Statistik spricht eine deutliche Sprache: Die Evangelische Kirche im Rheinland wird in den kommenden Jahren insbesondere aus demografischen Gründen weniger Mitglieder haben“, sagt Präses Manfred Rekowski. Sie sei eine Kirche im Umbruch, die ihre Kirchenstruktur an kleiner werdende Zahlen anpassen müsse.

Höchster Wert in Köln

Das Erzbistum Köln meldet mit 14.395 Taufen gar den höchsten Wert, den die Erzdiözese in den letzten vier Jahren zu verzeichnen hatte. Generalvikar Dominik Meiering vermutet, dass das auch mit einer leicht gestiegenen Geburtenrate zu tun haben könnte. Und auch hier liegt die Zahl der Kirchenaustritte mit 13.583 auf dem niedrigsten Stand seit 2012. Das alles konnte freilich nicht verhindern, dass das Erzbistum Köln erstmals überhaupt weniger als zwei Millionen Mitglieder zählte. Ihm gehören noch 1,992 Millionen Menschen an.

Doch es gibt in Deutschland sogar Gegenden, wo die katholische Kirche tatsächlich wächst. Zum Beispiel in Hamburg und Schleswig-Holstein: Der frühere Kölner Generalvikar Stefan Heße kann in seiner neuen Funktion als Erzbischof von Hamburg stolz vermelden, dass sich sein Bistum um rund 3000 Menschen auf rund 404.500 Kirchenmitglieder vergrößerte. Mit neuer Gläubigkeit hat dies aber nichts zu tun: Nach Hamburg und Schleswig-Holstein ziehen einfach mehr Katholiken zu, als dort sterben oder aus der Kirche austreten.

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