Baustopp nicht ausgeschlossen Zukunft von Nord Stream 2 ungewiss

Berlin · Die Bundesregierung schließt einen Baustopp für die Gaspipeline Nord Stream 2 nicht mehr aus. Nach der Vergiftung des Kremlkritikers Alexej Nawalnys stieg der Druck aus der Öffentlichkeit zuletzt immer weiter an.

 Das russische Verlegeschiff „Akademik Tscherski“ liegt im Hafen Mukran auf der Insel Rügen. Das Spezialschiff wird für seinen Einsatz zum Weiterbau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 vorbereitet.

Das russische Verlegeschiff „Akademik Tscherski“ liegt im Hafen Mukran auf der Insel Rügen. Das Spezialschiff wird für seinen Einsatz zum Weiterbau der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 vorbereitet.

Foto: dpa/Jens Büttner

Unter wachsendem Druck der Öffentlichkeit schließt die Bundesregierung einen Stopp des Baus der Gaspipeline Nord Stream 2 nicht mehr aus. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) halte es für falsch, etwas auszuschließen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag auf eine entsprechende Frage. Auch bei den Sozialdemokraten, die bislang unverbrüchlich zu dem Bau standen, gibt es inzwischen Bewegung. So hatte Außenminister Heiko Maas (SPD) bereits am Wochenende mit Konsequenzen gedroht. „Ich hoffe jedenfalls nicht, dass die Russen uns zwingen, unsere Haltung zu Nord Stream 2 zu ändern.“

Die Debatte um Nord Stream 2 war erneut entbrannt, nachdem ein Bundeswehr-Labor vergangene Woche nachgewiesen hatte, dass der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny kurz vor einem innerrussischen Flug mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet worden war. Ein Stopp des Nord Stream 2 Projekts würde Russland, das auf den Export seiner Bodenschätze angewiesen ist, empfindlich treffen.

Unterdessen warnte allerdings der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft vor den ökonomischen Folgen eines Endes des Prestige-Projekts. Für Nord Stream 2 seien von europäischen Unternehmen die Hälfte der acht Milliarden Euro  Baukosten bereitgestellt worden, erklärte der Ausschuss-Vorsitzende Oliver Hermes auf Anfrage. Die notwendige Anschlusspipeline durch Ostdeutschland nach Tschechien habe weitere vier Milliarden Euro gekostet. Hermes verwies darauf, dass es nicht um ein russisches Projekt in Deutschland gehe, sondern um ein europäisches. Ein Aus des Projekts könne für einzelne Unternehmen zu Schäden in Milliardenhöhe führen und würde Arbeitsplätze vor allem in Ostdeutschland kosten.

Die Bundesregierung hat bislang keine Antwort, wie hoch die Regressansprüche im Fall eines Abbruchs des Projekt werden würden. Auch die Frage, ob ein Stopp der Pipeline die Gasversorgung in Deutschland in Zukunft bedrohen könnte, ließ das Wirtschaftsministerium am Montag offen.

Die Verträge für die Gaspipeline waren 2016, zwei Jahre nach der Annexion der Krim durch Russland, unterzeichnet worden. Bislang hatten die Spitzen der großen Koalition das Projekt stets verteidigt. Zunächst stand Deutschland in Europa unter Druck, weil die Mehrheit der EU-Mitglieder den Bau der Gasröhre kritisch sah. Schließlich gab es aber eine geeinte EU-Richtlinie als Grundlage für den Bau. Neben Deutschland erteilten auch Schweden, Dänemark und Finnland weitere nationale Genehmigungen.

Scharfer Gegenwind gegen das Pipeline-Projekt kommt zudem aus den Vereinigten Staaten von Amerika. US-Präsident Donald Trump drohte den am Bau der Pipeline beteiligten Firmen bereits mit Sanktionen.

Sollte Nord Stream 2 tatsächlich als Konsequenz aus dem Gift-Anschlag auf Nawalny gestoppt werden, bedarf es dafür einer europäischen Entscheidung. Die Bundesregierung konnte gestern keinen konkreten Zeitpunkt nennen, wann eine Entscheidung fallen könnte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Schlachten von gestern
Kommentar zum Ringen um Nord Stream 2 Schlachten von gestern
Die etwas anderen Spiele
Kommentar zum Beginn der Olympischen Spiele in Tokio Die etwas anderen Spiele
Aus dem Ressort
Tierschützer protestieren am Montag vor dem
Zu billig
Kommentar zur LandwirtschaftZu billig