Islamismus Zum Urlaub in den Krieg

Bekannte und Arbeitgeber des IS-Terroristen Yamin A.-Z. schildern den 28-Jährigen als umgänglichen Zeitgenossen. Sein Tötungsvideo schockiert umso mehr.

 In dem vorige Woche aufgetauchten Internetvideo des Islamischen Staates sieht man Yamin A.-Z. in Kampfmontur.

In dem vorige Woche aufgetauchten Internetvideo des Islamischen Staates sieht man Yamin A.-Z. in Kampfmontur.

Foto: Screenshot GA

Der junge Mann mit dem Vollbart, der schusssicheren Weste und dem Sturmgewehr wirkt ernst und angespannt, als er vor idyllischem Palmenhintergrund zu "seinen Geschwistern in Deutschland" spricht. Manchmal schluckt er sichtbar zwischen den Sätzen seiner Videobotschaft.

"Der Dschihad (der heilige Krieg, Anm.d. Redaktion) ist Urlaub für uns", sagt er in akzentfreiem und flüssigem Deutsch. Auch seine muslimischen Glaubensgeschwister sollen die "Hidschra", die Auswanderung ins gelobte Land Ash-Sham - die Levante -, unternehmen. Der Mann zeigt aber auch Alternativen auf: "Wenn ihr die Hidschra nicht machen könnt, macht sie in Deutschland: Greift die Ungläubigen in ihren Häusern an, tötet sie dort, wo ihr sie findet", appelliert er in ruhigem Ton.

Das Video, das erste von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) komplett auf Deutsch gedrehte, endet blutig: An der Seite eines Kampfgefährten tötet der Mann mit einem Kugelhagel aus seinem Sturmgewehr zwei gefesselte, vor ihnen kniende, angeblich syrische Regierungssoldaten - als Racheakt auch an Deutschland, dem Land, das am Tod unzähliger Muslime im Nahen und Mittleren Osten schuld sei.

Im Video ist ein Mann aus Königswinter

Tötungsvideos im Internet gibt es mittlerweile zuhauf. Anhänger des IS verbrennen vor laufender Kamera Menschen, stürzen sie von Hausdächern, lassen sie explodieren oder schneiden ihnen mit stumpfen Messern minutenlang den Kopf ab. Dass ein Deutscher eine solche Gräueltat in einem IS-Video verübt, ist neu.

Und: Es ist ein Mann aus Königswinter, Yamin A.-Z., 28 Jahre alt. Erst Ende Juli hatte ein Bonner Schlagzeilen gemacht: Abdirazak B. sprengte sich mutmaßlich im somalischen Mogadischu in die Luft und riss mindestens 18 Menschen mit in den Tod.

Anders als bei Abdirazak B., den die Behörden schon lange auf dem Schirm hatten und der als Mitglied einer radikalen deutsch-somalischen Zelle in Bonn galt, war Yamin A.-Z. offensichtlich für die Behörden noch bis vor einigen Monaten ein unbeschriebenes Blatt.

Sympathie für den IS schon Ende 2013

Wie diese Zeitung erfuhr, waren auch dem Bekanntenkreis des 28-Jährigen vor seinem Verschwinden keine Veränderungen an dem jungen Mann aufgefallen. Bei seinem früheren Arbeitgeber, der Deutschen Telekom in Bonn, wo Yamin A.-Z. eine Ausbildung zum Industriekaufmann machte, hatten Vorgesetzte und Kollegen allerdings Ende 2013/Anfang 2014 "Veränderungen bemerkt", so ein Unternehmenssprecher, "wir haben daraufhin versucht, ihn von unseren Werten zu überzeugen."

Als er offen Sympathien für den IS bekundet habe, habe man die Sicherheitsbehörden informiert. Zum Jahreswechsel 2014/15 sei er schließlich nicht mehr zur Arbeit erschienen. Welche Sicherheitsbehörden die Telekom wann genau informierte, wollte der Sprecher nicht sagen.

Infrage kommen einige: Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt oder Bundespolizei. Oder auch die Bonner Polizei, die über eine eigens für solche Fälle eingerichtete Abteilung Staatsschutz verfügt, die derzeit sogar noch personell um zwölf auf 40 Mitarbeiter aufgestockt wird. Nach GA-Informationen erfuhr die Bonner Polizei jedoch erst über Umwege von dem Mann, als er Anfang 2015 nach Syrien abgetaucht war.

Plötzlich war er weg

Schnell machten dann auch im Bekanntenkreis Gerüchte die Runde: "Der ist verschollen, verschwunden. Angeblich ist der über Nacht nach Syrien abgehauen", wurde unter den Bekannten des Mannes kolportiert. Es heißt, seine Frau sei mit ihm ausgereist. Es gab kein Lebenszeichen von Yamin A.-Z. - bis zu jenem Tötungsvideo aus Syrien.

Der Königswinterer galt während seiner Zeit bei der Telekom als fleißig, strebsam und überaus sportbesessen. Am Wochenende arbeitete er zusätzlich in einem Bonner Sportschuhgeschäft. Sein Studium soll er abgebrochen und bei der Telekom angeheuert haben, um Geld zu verdienen.

Mehrmals wöchentlich soll er in Bonn ins Fitnessstudio gegangen sein - zum Gewichtestemmen, erfuhr diese Zeitung. Gut reden konnte man mit dem breitgebauten, muskulösen Mann über das Training, auch über Autos, Gott und die Welt. Zwar war der 28-Jährige für seine Strenggläubigkeit bekannt: fünfmal am Tag beten, auf Schweinefleisch und Alkohol verzichten, im Monat Ramadan fasten.

Es heißt aber auch, dass Yamin A.-Z. nie Anstalten gemacht habe, seine Kumpel zu missionieren oder von seinen Ansichten zu überzeugen. Im Gegenteil: Er habe stets durchaus aufgeschlossen, weltoffen, friedlich, ja tolerant gewirkt, sei keinesfalls gewalttätig gewesen. Umso schockierter reagierten Bonner Bekannte, als sie in dem schießwütigen IS-Terroristen Yamin A.-Z. wiedererkannten. Mit Bart, den habe er allerdings immer schon getragen, mal länger, mal kürzer.

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