Sondersitzung des Bundestags Zurück aus dem Urlaub

BERLIN · Mandat oder Verweigerung? Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe jetzt "gute Argumente, vor den Bundestag und vor die eigene Fraktion zu treten", sagt Regierungssprecher Steffen Seibert nur Stunden nach der Einigung im Streit über die Griechenland-Rettung.

Wie geschlossen erstens der Bundestag und zweitens die Unionsfraktion der Rettungspolitik von Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) folgen werden, werden die kommenden Tage entscheiden, wenn die Bundesregierung den Bundestag um ein Mandat bittet: für die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Rettungspaket für Griechenland.

Tatsächlich muss der Bundestag grünes Licht geben - in der eigenen Sommerpause. Wohl wissend, dass eine Sondersitzung wegen der Griechenland-Rettung die parlamentarischen Ferien unterbrechen könnte, hatte Bundestagspräsident Norbert Lammert den Abgeordneten noch vor dem Marsch in den Urlaub geraten: "Schwimmen Sie nicht so weit raus!" Die CSU-Landesgruppe, die sich zu ihrer Sommerklausur treffen wollte, hat ihre Tagung im oberfränkischen Kloster Banz schon vorsorglich abgesagt. Die Abgeordneten wollen für eine Sondersitzung gewappnet sein.

Wie sehr Merkel, Schäuble und wohl auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) für den in Brüssel geschafften Kompromiss in der Koalition werben müssen, ist derzeit offen. Erstaunlich: Das Bundeswirtschaftsministerium räumte gestern auf Nachfragen explizit ein, dass Gabriel in Schäubles (und auch Merkels) Plan, Griechenland womöglich auf Zeit aus der Eurozone auszuschließen, nicht eingeweiht war. Schäubles Ministerium nannte den Plan ein "Non Paper", ein inoffizielles Arbeitspapier also, Regierungssprecher Seibert beschwichtigte, ein zeitweiliger Austritt Griechenlands aus der Eurozone wäre "immer nur eine Alternative im Falle einer Nicht-Einigung" gewesen. Außerdem wäre ein Grexit auf Zeit nur mit der Regierung in Athen gegangen. Doch die Aufregung über das deutsche Vorpreschen ist vernehmlich. So kritisiert der Vorsitzende der Europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer, in aller Schärfe: "Merkel, Schäuble und Gabriel haben das Vertrauen in 2,5 Tagen verbrannt, was in 25 Jahren aufgebaut wurde". SPD-Chef Gabriel wiederum glaubt, "dass wir jetzt den Weg frei gemacht haben, diese Krise zu bewältigen."

Und auch wenn Merkel betont: "Ich kann die Aufnahme von Verhandlungen aus voller Überzeugung empfehlen", denn die Vorteile würden die Nachteile überwiegen. Die Skepsis aus Reihen der Union ist unüberhörbar. CSU-Mittelständler Hans Michelbach sagt, es gebe "viele dicke Fragezeichen und ich bin noch nicht sicher, dass das die dauerhafte Lösung ist". Gleichwohl glaubt Merkel an eine Mehrheit des Bundestages für ein drittes Griechenland-Rettungspaket: "Nein. Die Vertrauensfrage erwäge ich nicht zu stellen." Ihr Fraktionschef Volker Kauder verweist darauf, dass es gelungen sei, Europa zusammenzuhalten.

Doch bevor der Bundestag in Sondersitzung zusammenkommt, muss das Parlament in Athen entscheiden. Danach würden die Institutionen von IWF, EZB und EU die griechischen Beschlüsse bewerten. Und erst danach will die Bundesregierung Parlamentspräsident Lammert bitten, eine Sondersitzung einzuberufen. Es könnte Freitag werden, wenn die Abgeordneten ihre Handtücher eingerollt haben und zurück in Berlin sind.

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