Nordrhein-Westfalen Die Angst der Beamten vor dem Rotstift

Düsseldorf · Die Signale aus Düsseldorf lassen die Alarmglocken läuten: Beamtenbund und DGB drängen die rot-grüne Landesregierung, den jüngsten Tarifabschluss für die 86.000 Tarifangestellten des Landes - 5,6 Prozent über zwei Jahre verteilt - "zeit- und inhaltsgleich" auf die knapp 250.000 NRW-Beamten zu übertragen.

Die Zweifel in der Beamtenschaft wachsen aber, dass SPD-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) den Tarifabschluss eins zu eins überträgt. Die Gerüchte überschlagen sich: über Nullrunden, Kürzungen der Pensionen und des Weihnachtsgeldes wird spekuliert. Längst drohen Personal- und Pensionskosten den Haushalt zu erdrücken.

Mit 38,4 Prozent oder 22,9 Milliarden Euro binden die Personalausgaben den dicksten Batzen des Etats. Allein 90 Prozent entfallen auf die personalintensiven Kernbereiche: Schule, Polizei, Justiz- und Finanzverwaltung. Rechnet man die Hochschulen hinzu, die aus dem Haushalt ausgegliedert wurden, steigt der Kostenanteil sogar auf 44,8 Prozent.

Der Landeschef des Steuerzahlerbundes, Heinz Wirz, hält es da für unverzichtbar, dass die Beamtengehälter geringer steigen als die Tarife für Arbeiter und Angestellte. Das Mainzer Konzept, die Beamtengehälter in NRW in den nächsten fünf Jahren jeweils um nur ein Prozent anzuheben, findet Wirz schlicht "gut".

Das jüngste Angestellten-Ergebnis kostet das Land rund 450 Millionen Euro für zwei Jahre. Vorsorglich warnt DGB-Landeschef Andreas Meyer-Lauber vor einem "weiteren Sonderopfer" der Beamten. Noch hält sich Finanzminister Walter-Borjans vorsichtig bedeckt. "Vor allem bei Versorgung und Beihilfe stehen wir bei gleichem Personalbestand einem wachsenden Kostendruck gegenüber", hatte er allerdings bereits im Dezember gewarnt.

Jeder Prozentpunkt mehr bei Beamten und Pensionären belaste den Etat jährlich mit 170 Millionen Euro. Das treibt künftige Versorgungsleistungen weiter in die Höhe. Der Landesrechnungshof beruft sich auf die Modellrechnung "Alterslast": Danach wird die Zahl der Pensionäre von 165 000 im Jahre 2010 auf den prognostizierten Höchststand von 229 700 im Jahre 2027 steigen. Gleichzeitig klettern die Pensionsausgaben von 5,2 auf 6,8 Milliarden Euro.

Seit einigen Jahren sorgt das Land zusätzlich vor. Mit der vom damaligen Finanzminister Helmut Linssen (CDU) eingerichteten Versorgungsrücklage sollen bis 2020 rund 7,9 Milliarden Euro angespart werden, um künftige Ausgaben abzufedern. Außerdem legt NRW für jeden nach 2005 neu eingestellten Richter und Beamten monatlich mehrere hundert Euro in einem Extra-Fonds zurück.

In einem Gutachten schlägt der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen scharfe Einschnitte für Beamte vor: Neben der Anhebung des Pensionsalters auf 67 Jahre im Jahr 2019 soll das Versorgungsniveau der Beamten von heute 71 Prozent des letzten Bruttolohns bis zum Jahr 2030 auf 61 Prozent abgesenkt werden. Raffelhüschen verweist auf das parallel sinkende Rentenniveau, das bis 2030 auf 42 Prozent fallen wird.

Während die Gewerkschaften ahnungsvoll mobil machen und fürchten, dass die Beamten in den nächsten Gehaltsrunden als "Sparschwein" missbraucht werden, macht Heiner Cloesgen vom Steuerzahlerbund einen Kompromissvorschlag: Für obere Gehaltsgruppen der Beamten könnte die Erhöhung gegen null tendieren - für "kleine Beamte" vielleicht die Hälfte vom Tarifabschluss der Angestellten ausmachen. Die Landesregierung hat sich noch nicht festgelegt. Der Deutsche Beamtenbund (DBB) ist ein Stück weiter: Die unkündbaren Staatsdiener wollen ein neues Sonderopfer "auf keinen Fall akzeptieren".

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