Kölner Silvesternacht „Die Dimension der Übergriffe war nicht vorhersehbar“

Düsseldorf · Bundesinnenminister Thomas de Maizière stützt im Untersuchungsausschuss des Landtags zur Kölner Silvesternacht zentrale Einschätzungen der Landesregierung – als Entlastungszeuge für Rot-Grün funktioniert er trotzdem nicht.

 Als Zeuge 146 vor dem Ausschuss: Thomas de Maizière.

Als Zeuge 146 vor dem Ausschuss: Thomas de Maizière.

Foto: dpa

Als „Karl Ernst Thomas de Maizière, Rufname: Thomas“ am Montag auf dem Zeugenstuhl des Untersuchungsausschusses zur Kölner Silvesternacht im Düsseldorfer Landtags Platz nimmt, wird die Parlamentskamera abgeschaltet. Der Ausschussvorsitzende Peter Biesenbach (CDU) teilt mit, dass eine Übertragung der Zeugenbefragung in einen zweiten Sitzungssaal ausfallen könne. Der Nachbarsaal ist schlicht leer geblieben.

50 Sitzungen lang hat der Untersuchungsausschuss den massenhaften sexuellen Übergriffen auf Frauen im Kölner Bahnhofs- und Dom-Umfeld nachgespürt. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gehört als Zeuge Nummer 146 zu den prominentesten Politikern, die hier gehört werden. Vor allem SPD und Grüne knüpften große Erwartungen an die Befragung, sollte doch die Mitschuld der Bundespolizei an dem Silvester-Debakel ausgeleuchtet werden. Seit Monaten stehen vor allem die Landespolizei und ihr Dienstherr, NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD), im Feuer.

Doch der Glaube an eine neue Lesart der Kölner Silvesternacht scheint nicht besonders ausgeprägt. Als Entlastungszeuge für die Landesregierung funktioniert de Maizière nicht. Er tut Rot-Grün zwar den Gefallen, die massenhaften sexuellen Übergriffe als „nicht vorhersehbar“ und „in dieser massiven Form“ als bislang bundesweit unbekannt darzustellen. Den ersten drei WE-Meldungen („Wichtiges Ereignis“) der Polizei bis zum Abend des 1. Januar seien „Brisanz und das Ausmaß der Ereignisse nicht zu entnehmen“ gewesen. Er selbst habe auch erst am 4. Januar durch die Medien von den Vorgängen erfahren.

Kraft und Jäger seit Monaten unter Druck

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und Innenminister Jäger dürften diese Ausführungen gefallen haben. Sie selbst stehen seit Monaten unter Druck, weil sie als unmittelbar politische Verantwortliche erst ab dem 4. Januar allmählich einen Überblick über die kriminelle Dynamik der Silvesternacht gewannen. Die ersten Meldungen hätten zwar Hinweise auf schwerwiegende Vorfälle in Köln geliefert, bestätigt der Bundesinnenminister, aber man müsse eben „zwischen schwerwiegend und einer für die Bundesrepublik einschneidenden Dimension“ unterscheiden.

De Maizière fängt sogar noch sein berühmtes Fernsehinterview vom 5. Januar ein wenig ein. Damals hatte er den Kölner-Silvestereinsatz vernichtend bilanziert: „So kann Polizei nicht arbeiten.“ Dabei habe er nicht zwischen Landes- und Bundespolizei unterscheiden wollen und sich eher auf die verharmlosende Medienarbeit des Kölner Präsidiums bezogen, erklärt der 62-Jährige.

De Mazière macht im Laufe der Vernehmung deutlich, dass er sich für Einsatzführung, -bewertung und -nachbereitung der Landespolizei keinesfalls in Mithaftung nehmen lässt. De Maizière lässt zudem fallen, dass er sich „ohne Öffentlichkeit“ mit einfachen Beamten getroffen habe, die in der Silvesternacht so überfordert waren. Vergleichbares ist von der Landesregierung bis heute nicht bekannt.

Versuche des SPD-Obmanns Hans-Willi Körfges, Fehler der Bundespolizei in der Einsatzkonzeption nachzuweisen, kontert Zeuge Nummer 146 gelassen: „Ich kann als Bundesinnenminister da nicht den Schiedsrichter spielen, wer Recht hat.“

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