Grabeskirche in Jerusalem Die Geschichte reicht zurück bis ins römische Kaiserreich

JERUSALEM · "Ich mache nur meine Arbeit", sagt Adeeb Jawad Joudeh auf die Frage, was es für ihn bedeutet, die Schlüssel für den heiligsten Ort der Christenheit zu verwahren.

 Inhaber der Schlüsselgewalt: Adeeb Jubeh. Seit 500 Jahren besitzt seine Familie das Recht, die Kirche auf- und zuzuschließen.

Inhaber der Schlüsselgewalt: Adeeb Jubeh. Seit 500 Jahren besitzt seine Familie das Recht, die Kirche auf- und zuzuschließen.

Foto: Thiede

Seit dem Mittelalter haben die moslemischen Familien Joudeh und Nusseibeh die Aufgabe, abends die Grabeskirche in Jerusalem abzuschließen und morgens wieder zu öffnen. Der 49-jährige Joudeh kann 165 Dokumente vorweisen, die 27 Sultane seinen Vorfahren über die Jahrhunderte ausgestellt haben, "immer mit demselben Text", wie er erklärt. Das erste Papier stammt aus dem Jahr 1517, das letzte von 1908.

Im Gassengewirr der Jerusalemer Altstadt ist die Grabeskirche nicht leicht zu finden. Die europäischen Kreuzfahrer hatten sie nach der Eroberung Jerusalems 1099 unter Einbeziehung eines älteren Gotteshauses errichtet, das damals weitgehend zerstört war. So reicht die Geschichte der Grabeskirche bis ins frühe 4. Jahrhundert zurück, als der römische Kaiser Konstantin das Christentum in seinem Reich einführte und eine Basilika an dem Ort errichten ließ, wo Jesus der Überlieferung nach gekreuzigt und in einem Felsengrab beigesetzt worden sein soll. Christen gedenken am Karfreitag der Kreuzigung. Am Ostersonntag feiern sie die Auferstehung des Heilands.

Die Wissenschaft nimmt an, dass es sich bei dem Felsen, um den die Kirche gebaut wurde, tatsächlich um Golgatha oder den Kalvarienberg handeln könnte, auf dem die Kreuzigung stattfand. So haben die Archäologen belegen können, dass diese Stelle - ein aufgelassener Steinbruch - früher außerhalb der Stadt lag, was mit den Schilderungen in der Bibel übereinstimmen würde.

Als Kaiser Konstantin die erste Basilika bauen ließ, musste er einen Tempel für die Göttin Aphrodite abreißen lassen, den Kaiser Hadrian 200 Jahre früher dort hatte errichten lassen. Möglicherweise wollte er damit auch die frühen Christen davon abhalten, am Grab Jesu zu beten.

Die Familien Joudeh und Nusseibeh haben ihre Zuständigkeiten auch über die politischen Wechsel nach dem Untergang des Osmanischen Reiches behalten. Mit dem Unterschied, dass Abeed Jawad Joudeh seit vergangenem Jahr Papiere präsentiert, die die Joudehs als die "Schlüsselbewahrer" benennen, während die Nusseibehs nur für das Schließen und Öffnen der Kirche zuständig sind.

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