Debatte über das Betreuungsgeld Die Ungereimtheiten bleiben

BERLIN · Das Kabinett streitet weiter über den Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld.

Im Dauerstreit um das Betreuungsgeld hatte die FDP am Freitag schon Morgenluft geschnuppert. Es hieß nämlich, Verkehrsminister Peter Ramsauer habe Vorbehalte gegen die geplante Familienleistung angemeldet. Ausgerechnet Ramsauer, ein CSU-Mann! "Es kann nicht sein, dass es für die Verkehrsinfrastruktur zu wenig Geld gibt, das beim Betreuungsgeld unnötig ausgegeben werden soll", sagte der FDP-Bundestagsabgeordnete Oliver Luksic der Nachrichtenagentur dpa. Er ist verkehrspolitischer Sprecher seiner Fraktion.

Auch wenn Ramsauer am Freitag schnell wieder einlenkte, steht das Gesetzesvorhaben weiter unter keinem guten Stern. Eigentlich soll der Entwurf von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) schon kommende Woche im Kabinett sein, doch ist kaum vorstellbar, dass die massiven Vorbehalte aus mehreren Schlüsselressorts bis dahin ausgeräumt sein werden. Es sei denn, die drei Parteivorsitzenden finden am Montag bei ihrem nach langer Pause anberaumten Treffen einen Kompromiss.

Schröders Gesetzentwurf, der diese Woche zwecks Abstimmung an die anderen Ministerien verschickt wurde, sieht eine Einführung der Geldleistung in zwei Etappen vor: Vom 1. Januar kommenden Jahres an sollen die Eltern von einjährigen Kindern 100 Euro monatlich bekommen, ab 2014 soll es dann 150 Euro geben, und zwar auch für die Zweijährigen.

Voraussetzung: Die Kinder sind in keiner öffentlich geförderten Betreuungseinrichtung. Die Berufstätigkeit der Eltern ebenso wie die private Betreuung der Kinder schließen die Leistung nicht aus. Bei Hartz-IV-Empfängern soll das Betreuungsgeld mit den übrigen Unterstützungsleistungen verrechnet werden.

Manche Ungereimtheiten sind kaum von der Hand zu weisen, und so stoßen sich auch mehrere Kabinettsmitglieder an den Regelungen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) etwa will nicht einsehen, warum das Betreuungsgeld schon ab nächstem Januar gezahlt werden soll, während der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für unter Dreijährige erst ab August 2013 gelten wird. Als ob das Betreuungsgeld eine Lockprämie wäre, die möglichst viele Kinder fern der Kitas halten soll. Oder die Bestimmung, dass zwischen öffentlicher und privater Betreuungseinrichtung unterschieden wird. Schäubles Ministerium hält es für schwierig, das in jedem Fall zu überprüfen.

Dieser Punkt ist auch im Justizministerium umstritten. Ferner stößt sich das Ressort von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) an der zeitlich gestreckten Einführung des Betreuungsgeldes. Trotzdem bezeichnete Regierungssprecher Georg Streiter am Freitag die Unstimmigkeiten als "normalen Vorgang". Er sei sich zu "97,5 Prozent sicher", dass das Kabinett den Gesetzentwurf am Mittwoch verabschieden werde.

Die Ministerin ist sich keiner Schuld bewusst. Sie habe ihren Entwurf mit den "maßgeblichen Akteuren" der Bundesregierung abgestimmt, erklärte ihr Sprecher Christoph Steegmans. Sie habe sich auch "strengstens am Koalitionsbeschluss" orientiert.

Die FDP lässt jedenfalls nicht locker. Niedersachsens Liberalenchef Stefan Birkner plädierte schon dafür, den Ländern zu überlassen, was sie mit dem Geld tun wollten: an die Eltern auszahlen oder in den stockenden Kita-Ausbau stecken. Das Problem kennt auch Schröder. Aber das will sie mit anderen Maßnahmen beheben.

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