Homo-Ehe in Frankreich Disco-Queen Frigide Barjot hält Widerstand wach

PARIS · Nichts scheint bei dieser Frau zusammenzupassen. Eine freizügige Disco-Queen, die den Papst verehrt. Eine Ulknudel, die sich für traditionelle Werte einsetzt. Auch ihr Künstlername ist schräg: Frigide Barjot. Eine Anspielung auf die Filmdiva Brigitte Bardot, er lässt sich übersetzen mit "Frigide Durchgeknallt".

 Kampfbereit: Virginie Tellenne alias Frigide Barjot.

Kampfbereit: Virginie Tellenne alias Frigide Barjot.

Foto: ap

Virginie Tellenne, wie ihr bürgerlicher Name lautet, ist erklärte Schwulen-Freundin - und Frankreichs lauteste Gegnerin der Legalisierung der Homo-Ehe. Ihr Engagement mache sie zur Vollzeit-Aktivistin, sagt die quirlige 50-Jährige mit der tiefen Raucher-Stimme: "Sieben Tage in der Woche - und sieben Nächte!" Als Galionsfigur der Bewegung "Demo für alle", eine Anspielung auf Präsident François Hollandes "Ehe für alle", verkörpert die zweifache Mutter den Protest gegen das Gesetz für das Ehe- und Adoptionsrecht für Homosexuelle, das Ende April beschlossen wurde. Wenn es der Verfassungsrat nicht noch stoppt, können bald Lesben und Schwule heiraten.

Als neuntes Land in Europa und 14. weltweit erlaubt es die Homo-Ehe - doch nirgendwo sonst war der Widerstand so hart, gingen bei Aktionstagen Hunderttausende auf die Straße. Das liegt am großen Einfluss der katholischen Kirche, die das Gesetz bekämpft, und an der Mobilisierung der konservativen Opposition, die Hollande schwächen wollte. Und an Frigide Barjot, die alle Gegner zu sammeln und repräsentieren versucht - so umstritten sie selbst ist.

Gerade konservative Kreise stößt das schrille Auftreten der Frau ab, die aufreizende, rosafarbene Outfits bevorzugt und für ein exzessives Nachtleben bekannt ist. Doch Frigide trägt die Organisation "Demo für alle", die nach eigenen Angaben 150 ehrenamtliche Helfer in Paris und bis zu 20.000 in ganz Frankreich hat.

Verwurzelt in der Pariser Schwulen-Szene, soll sie den Verdacht der Homophobie zerstreuen: "Wir bekämpfen nicht Schwule und deren Rechte! Aber das menschliche Wesen ist nicht verhandelbar." In erster Linie kritisiert sie das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Die Franzosen lehnen es überwiegend ab, während eine Mehrheit die Homo-Ehe prinzipiell befürwortet. Trotzdem versteht sich Frigide Barjot als Lautsprecherin des Volkes und der Demokratie schlechthin.

Sie stehe zu ihrem Glauben, doch ihr Engagement sei das einer Bürgerin, nicht einer Katholikin, sagt sie, die 2009 eine Unterstützungs-Kampagne für den damaligen Papst Benedikt XVI. leitete. Für sich selbst erfand sie die Formel "Presse-Attaché von Jesus", die die Medien begeistert aufgriffen. Doch Frigide Barjots Verhältnis zu Journalisten ist gespalten. Gibt sie sich zunächst herzlich und aufgeschlossen, kann sie schnell aggressiv werden, so als stünde sie unter ständigem Rechtfertigungsdruck.

In einer TV-Show brach sie in Tränen aus. Ihre Aussage "Hollande will Blut sehen, er wird es haben" entschuldigte sie später mit ihrem großen Zorn auf den Präsidenten, der sie zwar empfing, aber seine Meinung nicht änderte. Frigide Barjots Kampf ist ein persönlicher, emotionaler. Er soll über den Parteien stehen.

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