Nach Razzien bei Ditib-Imamen Ditib an keiner Entscheidung der Regierung mehr beteiligt

Düsseldorf · Im Düsseldorfer Parlament verschärft sich der Streit um die Bespitzelungsvorwürfe. Die Landesregierung ist um Abgrenzung von dem Moscheeverband bemüht.

Die Razzia der Bundesanwaltschaft bei islamischen Geistlichen in NRW und Rheinland-Pfalz wegen Spionagevorwürfen hat in der Landespolitik den Streit um den künftigen Umgang mit dem türkischen Moscheeverband Ditib weiter angefacht. „Für die Landesregierung ist klar, dass die Spitzelaktionen nicht hingenommen werden können“, sagte Landesintegrationsminister Rainer Schmeltzer (SPD).

Er freue sich „über das deutliche Signal“ der Wohnungsdurchsuchungen bei verdächtigen Imamen. Aktuell sei gewährleistet, dass die Ditib an keiner Beschlussfassung der Landesregierung mehr beteiligt werde, betonte Schmeltzer. Die Bundesanwaltschaft hatte zuvor eine Razzia bei vier Ditib-Imamen in NRW und Rheinland-Pfalz durchgeführt und Unterlagen sichergestellt. Die Geistlichen werden der verbotenen Agententätigkeit für den türkischen Staat verdächtigt.

Sie sollen Informationen über Anhänger der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen in Deutschland gesammelt und an das türkische Generalkonsulat in Köln weitergeleitet haben. Weil die Regierung in Ankara den Prediger Gülen für den gescheiterten Putschversuch vom 14. Juli 2016 verantwortlich macht, hat die staatliche Religionsbehörden Diyanet bereits vor Monaten offenbar auch in NRW zur Bespitzelung von Institutionen und Personen aufgerufen.

Nach Angaben der Landesregierung sind von mindestens 13 Imamen mehrere Dutzend Dossiers über angebliche Gülen-Anhänger erstellt worden. Betroffen waren auch fünf islamische Religionslehrer an Schulen in Nordrhein-Westfalen. Die Ditib selbst betont, „nicht Dienstherr der Imame“ zu sein und in die von der Religionsbehörde Diyanet veranlassten Bespitzelungen nicht eingebunden gewesen zu sein. Die Opposition im Landtag wirft der Landesregierung vor, zu spät und nachgiebig Konsequenzen gezogen zu haben: „Gegen Spionage auf deutschem Boden müssen wir uns wehren“, forderte die in Marl geborene, türkisch-stämmige CDU-Integrationsexpertin Serap Güler. Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) habe sich mehr um die Zusammenarbeit mit Ditib im Beirat für den islamischen Religionsunterricht in NRW gesorgt als um den Schutz ihrer bespitzelten Lehrer.

Die Ditib ist an Rhein und Ruhr der wichtigste von vier Islamverbänden, die seit 2012 in einem gemeinsamen Beirat mit dem Land den islamischen Religionsunterricht für rund 16.000 muslimische Kinder organisieren. Erst nach massivem Druck ließ Ditib den Beiratssitz vergangene Woche ruhen. Integrationsminister Schmeltzer fordert die vollständige Loslösung des Verbandes vom türkischen Staat. Güler hält das allerdings für eine „utopische Forderung“, da die staatliche Religionsbehörde in Ankara Diyanet die Ditib und ihre Imame seit Jahrzehnten finanziert. Man habe „verschlafen“, unabhängige, deutschsprachige Imame zu stärken, so Güler.

Jahrelang waren in Deutschland Politik und Behörden auch froh, dass die Gläubigen hierzulande von religiös meist gemäßigten türkischen und nicht etwa von radikale Lehren vertretende salafistischen Imamen betreut werden. Das Verhältnis ist erst schwieriger geworden, seitdem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan versucht, auch im Ausland lebende Türken für seine zweifelhaften politischen Ziele zu instrumentalisieren.

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