Meinung zum US-Präsidenten Donald Trump auf Eskalationskurs

Washington · Warum Trump gegen vier weibliche Abgeordnete Stimmung macht - dazu hat unser USA-Korrespondent eine klare Meinung: Der US-Präsident ist im Wahlkampfmodus spaltet das Land in Weiße und Nicht-Weiße.

Den Rückzug kennt Donald Trump nicht. Statt innezuhalten nach seinen Twitter-Tiraden gegen vier weibliche, nicht-weiße Abgeordnete, legt er im Angriffsmodus nach. Statt zu reflektieren, sich womöglich zu entschuldigen, lässt er den Streit eskalieren. Auf einer Kundgebung provoziert er Sprechchöre, die an das aufgeheizte Klima des Wahljahres 2016 denken lassen.

Damals war das „Sperrt sie ein!“ die Parole, die er seine Anhänger skandieren ließ, nicht nur, um eine Gefängnisstrafe für Hillary Clinton zu fordern, sondern auch, um die Rivalin zur Hassfigur schlechthin zu stempeln. Diesmal ist es ein „Schickt sie zurück!“, gemünzt auf Ilhan Omar, die seit Januar im Repräsentantenhaus sitzt und die im Kindesalter aus einem Lager für somalische Bürgerkriegsflüchtlinge in die USA gekommen war.

Auf die Demokratin, eine aus dem Quartett jener Politikerinnen, die sich selbst „The Squad“ nennen, die Mannschaft, die Clique, hat Trump sich in ganz besonderer Weise eingeschossen. Wohl auch, weil sie ein Kopftuch trägt, weshalb er sie, allein schon optisch, für die geeignetste Zielscheibe hält.

Klar ist: Der Wahlkampf 2020 wirft nicht nur seine Schatten voraus, er hat schon jetzt in voller Schärfe begonnen. Und Trump gedenkt ihn offenbar ähnlich zu führen wie es vor vier Jahren der Fall war. Extrem polemisch, mit einem Hang zum Demagogischen.

Rein rational betrachtet, kann einen das schon erstaunen. Denn wahrscheinlich hätte der Präsident gute Chancen auf eine zweite Amtszeit, würde er die Stärke der amerikanischen Wirtschaft, verbunden mit rekordniedriger Arbeitslosigkeit, als zentrales Argument ins Feld führen. Doch Trump wäre nicht Trump, würde er es bei Sachargumenten belassen. Offensichtlich braucht er den Applaus einer Basis, die ihn gerade dafür bewundert, dass er keinerlei Hemmschwellen kennt und alles ignoriert, was es an Anstandsregeln im politischen Diskurs gibt.

Also zeichnet er seine Konkurrenten, als wären sie die Bösewichter eines billigen Cartoons. 2016 war es die „betrügerische“ Hillary. Diesmal sind es die „Sozialisten“. In seiner Skizze sind die Demokraten, wen immer sie gegen ihn ins Rennen schicken, so weit nach links abgedriftet, dass man das Land der Freien nicht mehr wiedererkennen würde, sollten sie regieren. Er porträtiert sie als Leute, die allem widersprechen, wofür Amerika steht. Die Amerika geradezu hassen.

Nicht-weiße Demokratinnenals ideale Feindbilder

Ilhan Omar, Alexandria Ocasio-Cortez, Ayanna Pressley, Rashida Tlaib: Keine aus der „Clique“ gehört zum Kreis der Kandidaten fürs Weiße Haus. In Trumps Kalkül taugen sie dennoch hervorragend als Feindbilder. Mit Forderungen nach einem Spitzensteuersatz von 70 Prozent stehen sie tatsächlich für einen Linksruck in der Partei, aus dem er eine existenzielle Bedrohung für den Kapitalismus ableitet. In Trumps Duktus handelt es sich um die „radikale Linke“, die etwas Un-Amerikanisches anstrebt, nämlich den Sozialismus.

Das ist das eine. Das andere sind die rassistischen Ressentiments, die der Präsident schürt, womit er am Selbstverständnis einer Einwanderernation rührt, die ihrem Credo nach farbenblind sein müsste – was sie in der Praxis natürlich nie war. Trump spaltet das Land in Weiße und Nicht-Weiße. Weißen Amerikanern redet er ein, der demografische Wandel gehe auf ihre Kosten. Einmal klagte er über „Dreckslochländer“ in der Karibik und Afrika, aus denen zu viele Migranten einwanderten, wo ihm Norweger doch viel lieber wären. Vielleicht ist es – jenseits kühler Berechnung – einfach so, dass er gar nicht anders kann. Weil es den inneren Überzeugungen eines Rassisten entspricht.

Ilhan Omar hat dazu die passenden Worte gefunden. Sie sitze, gewählt von den Bürgern ihres Wahlkreises in Minnesota, im Haus des Volkes. Und sie gehe nirgendwo hin.

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