„Viel Hetze, aber nur wenige Hetzer“ Drei von vier Internetnutzern haben schon Hass im Netz gesehen

Bonn · Drei von vier Internetnutzern haben laut Landesmedienanstalt schon Hass im Netz gesehen. Gerade bei emotional diskutierten Themen wie Migration, Klimawandel oder Feminismus versuche sich eine laute und gut vernetzte Minderheit Gehör zu verschaffen.

 Drei von vier Internetnutzern haben laut Landesmedienanstalt schon Hass im Netz gesehen.

Drei von vier Internetnutzern haben laut Landesmedienanstalt schon Hass im Netz gesehen.

Foto: dpa/Lukas Schulze

Hasskommentare im Internet sind ein Phänomen, das viele kennen: 94 Prozent der 14- bis 24-Jährigen haben diese bereits gesehen, in der Gesamtbevölkerung sind es drei von vier Nutzern. „Die Ergebnisse bestätigen uns, dass es Handlungsbedarf gibt, denn die Zahlen liegen auf konstant hohem Niveau“, sagt Meike Isenberg, Forschungsleiterin bei der Landesanstalt für Medien NRW. Die Aufsichtsbehörde lässt seit 2016 jährlich im Frühjahr vom Meinungsforschungsinstitut Forsa untersuchen, wie private Internetnutzer ab 14 Jahren Hassreden im Internet wahrnehmen.

Interessant sei es, so Isenberg, dass gleichzeitig nur ein Prozent der Befragten zugab, selbst schon einmal einen Hasskommentar verfasst zu haben. „Es gibt also viel Hetze, aber nur wenige Hetzer“, sagt die Medienpolitikerin. Um der Aggressivität entgegenzutreten, sei 2017 etwa die Initiative „Verfolgen statt nur Löschen“ gegründet worden – neben der Landesmedienanstalt sind darin Staatsanwaltschaft, Polizei und zahlreiche Medienhäuser aktiv. „Durch die konsequente Sanktionierung von Rechtsverstößen soll eine generalpräventive Wirkung erzielt werden“, sagt Tobias Schmid, Direktor der Landesmedienanstalt. „Das Netz ist kein rechtsfreier Raum.“ Allerdings seien auch nicht alle Hassreden strafbar.

Als alarmierend sieht es Isenberg an, dass in einer anderen Befragung jeder Dritte angab, nichts online zu stellen aus Angst vor Beleidigungen. Jeder Vierte äußerte seine Meinung im Netz nicht, um nicht bloßgestellt zu werden. „Doch die Demokratie lebt von einem breiten Meinungsaustausch“, betont sie.

Gerade bei emotional diskutierten Themen wie Migration, Klimawandel oder Feminismus versuche sich eine laute und gut vernetzte Minderheit Gehör zu verschaffen, hat die Landesanstalt festgestellt. Es stört die Medienpolitiker, dass darauf oft reflexartig reagiert werde. „Wir müssen mutiger werden“, fordert Schmid. „Es geht um Diskurs statt Pöbelei.“ Es müsse gelingen, die Mehrheit dazu zu aktivieren, sich an Diskursen zu beteiligen. „Die Hasskommentare sind ein gesamtgesellschaftliches Problem.“

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