UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung Einigkeit mit Hindernissen

ADDIS ABEBA · So ist das mit dem Konsensprinzip bei den Vereinten Nationen. Dass man sich einigen muss, um zu einem Abschluss zu kommen, heißt noch lange nicht, dass man sich auch einig ist.

 Delegierte bei der Konferenz in Addis Abeba.

Delegierte bei der Konferenz in Addis Abeba.

Foto: AFP

Bis weit in die Nacht zum Donnerstag hinein hatten die Delegationen aus aller Welt um die "Addis Abeba Action Agenda" gerungen, die sowohl als Grundlage für die Finanzierung der neuen Nachhaltigkeitsziele der UN, der Sustainable Development Goals (SDGs), als auch für eine sozial gerechtere und ökologischere globale Entwicklung insgesamt dienen soll.

Doch während Wu Hongbo, Vize-Generalsekretär der Vereinten Nationen, am nächsten Morgen von einem "historischen" Abkommen und "Wendepunkt" in der internationalen Zusammenarbeit sprach, zeigten sich die Nichtregierungsorganisationen "enttäuscht und tief besorgt" über "AAAA" - das Schlusspapier. Strukturelle Ungerechtigkeiten in der internationalen Finanzarchitektur würden darin nicht angegangen.

Tatsächlich hatte bis zum Schluss die Kontroverse um internationale Steuerregulierung die Debatten bestimmt. Die ärmeren Länder forderten eine Steuerkommission auf UN-Ebene, um nicht nur illegaler Steuerhinterziehung, sondern auch der legalen Steuerflucht durch Großkonzerne zu begegnen - eine Kommission also, in der die armen Länder, anders als gegenwärtig bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), gleiches Mitspracherecht hätten.

Kurzfristig hatte die Gruppe 77 der ärmeren Länder sogar mit dem Abbruch der Verhandlungen gedroht, wenn diese Forderung nicht akzeptiert würde. Doch die äthiopische Verhandlungsführung unter Außenminister Tedros Adhanom Ghebreyesus machte Druck auf ihre Kollegen aus dem Süden - ein Scheitern der Konferenz wäre ein zu großer Imageverlust für den Gastgeber gewesen.

Am Ende einigten sich die Vertreter der 193 Staaten darauf, den bereits existierenden, aber schlecht ausgestatteten UN-Expertenausschuss zur internationalen Zusammenarbeit in Steuerfragen aufzuwerten. "Das ist ein viel zu schwacher Schritt", sagen Kritiker wie Wolfgang Obenland vom Global Policy Forum. "Das ist das beste Abkommen, das wir kriegen konnten", befand hingegen Wu Hongbo. Es sei überdies "nicht das Ende der Reise."

Dennoch: Kritik wird auch mit Blick auf andere Punkte laut. "Statt wie in Addis weiter vor allem auf Freiwilligkeit in der Unternehmensverantwortung zu setzen, brauchen wir endlich verbindliche menschenrechtliche Standards für multinationale Konzerne", kommentierte etwa Misereor-Vorstandsvorsitzender Pirmin Spiegel. Bemängelt wurde überdies, dass die Addis Agenda keinen kritischen Blick auf Handelsabkommen, etwa die umstrittenen Schiedsgerichte wirft, bei denen Unternehmen Staaten für erlittene Verluste - etwa durch neue Umweltgesetze - verklagen können.

Und dann ist da ja noch das Dauerthema öffentliche Entwicklungshilfe. In Addis wurde das Versprechen der Geberländer bekräftigt, 0,7 Prozent ihres Bruttosozialproduktes für Entwicklungshilfe auszugeben - ein Versprechen, das schon vor Jahren gegeben wurde, aber bisher nur von ganz wenigen europäischen Ländern eingehalten wird. Deutschland liegt bei einer Quote von 0,4 Prozent. Für Addis wurde daher gefordert, das 0,7 Prozent Ziel mit einer klaren Zeitvorgabe zu versehen - das jedoch fiel unter den Tisch.

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