Streit mit US-Präsident Trump Erdogan sucht Alliierte gegen US-Sanktionen

Istanbul · Mit einer Geldspritze in Höhe von 15 Milliarden Dollar greift Katar der Türkei unter die Arme. Angesichts der Krise mit den USA will Präsident Erdogan auch den Dialog mit Deutschland und Frankreich wieder intensivieren.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sucht den Schulterschluss mit Gegnern von Donald Trump in Europa und am Golf. Das reiche Emirat Katar greift den Türken mit 15 Milliarden Dollar unter die Arme und bedankt sich damit für Erdogans Unterstützung in seinem Streit mit Saudi-Arabien. Erdogan will auch die Europäer auf seine Seite ziehen und lässt Häftlinge frei. Doch mit der Partnersuche allein wird die Krise der türkischen Wirtschaft nicht beizulegen sein.

Erdogan hatte Katar im vergangenen Jahr in der Stunde der Not beigestanden und das Emirat unter anderem mit Lebensmitteln aus der Türkei versorgt. Damals verhängten Saudi-Arabien und drei andere arabische Staaten mit Trumps Billigung einen Boykott gegen Katar und schlossen die Grenzen. Mit dem Aufbau eines türkischen Truppenstützpunktes in Katar signalisierte Ankara zudem die Bereitschaft, im Ernstfall auf der Seite des Emirats militärisch aktiv zu werden. Die katarische Regierung sei überzeugt, dass Erdogan damit eine saudische Invasion des Emirats verhindert habe, schrieb Soner Cagaptay vom Washingtoner Institut für Nahost-Politik auf Twitter.

Telefonat mit Macron geplant

Die Türkei und Katar haben sich in Saudi-Arabien und anderen Staaten der Region unbeliebt gemacht, weil sie die islamistische Muslim-Bruderschaft unterstützen und gute Beziehungen zum Iran pflegen. Die Milliarden-Investitionen, die Emir Tamim bin Hamad al-Thani jetzt bei einem kurzfristigen Besuch in Ankara versprach, sollen vor allem in den türkischen Finanzsektor fließen. Das Engagement von Katar, des weltgrößten Produzenten von Flüssiggas, erfüllte aus türkischer Sicht seinen unmittelbaren Zweck und stützte den Kurs der in jüngster Zeit schwer gebeutelten Türkischen Lira.

Angesichts der anhaltenden Krise in den Beziehungen mit den USA knüpft Erdogan auch neue Kontakte mit europäischen Spitzenpolitikern. Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel vereinbarte er ein Treffen der Wirtschafts- und Finanzminister beider Länder noch vor Erdogans Besuch in Berlin Ende September; die Bundesregierung sicherte im ersten Halbjahr die Türkei-Geschäfte deutscher Firmen in Höhe von rund 830 Millionen Euro ab.

Am Donnerstag plante Erdogan zudem ein Telefonat mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Positive Signale an die Europäer sendet die Türkei auch mit der Freilassung von zwei griechischen Soldaten nach monatelanger Haft. Zudem durfte der prominente Menschenrechtler Taner Kilic das Gefängnis verlassen. Allerdings wurde laut Medienberichten fast gleichzeitig ein türkischstämmiger Bundesbürger bei einem Besuch in der Türkei wegen des Vorwurfes der Terrorpropaganda verhaftet.

Ende des Streits mit USA nicht in Sicht

Erdogans Initiative, sich den Rückhalt anderer Trump-Kritiker in der internationalen Politik zu sichern, ist aber kein Ersatz für eine neue Wirtschafts- und Finanzpolitik. Auch die 15 Milliarden Dollar aus Katar reichen nicht ewig. Schon vor dem Streit mit den USA wuchsen die Schwierigkeiten für Ankara: Viele Probleme sind hausgemacht. „Niemand glaubt, dass die Krise vorüber ist“, kommentierte deshalb die Nachrichtenagentur Bloomberg. Erdogans Schwiegersohn und Finanzminister Berat Albayrak wollte sich am Donnerstag in einer Telefonkonferenz mit internationalen Investoren bemühen, neues Vertrauen zu schaffen.

Selbst wenn das gelingen sollte: Ein Ende des Streits mit den USA ist nicht in Sicht. Zwar könnte es schon in den kommenden Tagen neue Bewegung im Streit mit Washington um den amerikanischen Pastor Andrew Brunson geben, dessen Inhaftierung in der Türkei der Anlass für die US-Sanktionen und den jüngsten Kursverfall der Lira war. Ein Gericht im westtürkischen Izmir soll bis zum Wochenende über einen neuen Antrag auf Freilassung des Geistlichen entscheiden.

Doch auch wenn Brunson auf den nächsten Flug in die USA gesetzt würde, wäre die Krise noch nicht ausgestanden. Das Weiße Haus kündigte an, die hohen Strafzölle würden auch dann in Kraft bleiben.

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