Bernard Tapie Ermittlungen wegen Betrugsverdacht

Paris · Er ist eine Art französischer Silvio Berlusconi: Gegen den 70-jährigen schillernden Geschäftsmann und Ex-Minister ermittelt die französische Justiz. Es soll sich um gezielte Absprachen bei einer Entschädigung handeln.

 Unter Verdacht wegen Betrugs: Bernard Tapie.

Unter Verdacht wegen Betrugs: Bernard Tapie.

Foto: afp

Die Nachrichten im französischen Staatsfernsehen können manchmal trocken sein; aber nicht am Montagabend. Denn da war Bernard Tapie zum Interview geladen, dem ersten seit seiner viertägigen Untersuchungshaft, nach der ein Verfahren gegen ihn eingeleitet wurde wegen bandenmäßigen Betrugs. Die Justiz ermittelt über die Rechtmäßigkeit eines Urteils, bei dem ihm ein privates Schiedsgericht 2008 eine Entschädigung von 405 Millionen Euro aus der Staatskasse zusprach, weil ihn die früher teils staatliche Bank Crédit Lyonnais beim Weiterverkauf des Sportartikelherstellers Adidas in den 90er Jahren geprellt hatte. Handelte es sich um ein zwischen Politikern, seinen Anwälten und den Richtern abgekartetes Spiel? Hatte Tapie von seinen Strippenzieher-Qualitäten Gebrauch gemacht, um einen Maximal-Gewinn herauszuschlagen?

Ein "Komplott" sei dieser Verdacht, schleuderte er im TV-Interview dem Moderator in einem aggressiven Schlagabtausch entgegen. Er sei Opfer einer medialen Hetzjagd. Als cleverer Geschäftsmann, in der Politik engagiert weniger aus Überzeugung denn Opportunismus, ist Tapie eine Art französischer Silvio Berlusconi, mit ähnlichen Nehmer- und Stehauf-Qualitäten. Der Ex-Minister unter François Mitterrand, Schauspieler, Ex-Präsident des Fußballclubs Olympique Marseille und Besitzer einiger südfranzösischer Zeitungen, der mit der Akquisition insolventer Firmen reich wurde, wegen Korruption im Gefängnis einsaß und doch stets mit den ganz Großen klüngelte, hat die Franzosen immer fasziniert, verärgert und unterhalten zugleich. Jetzt ist der 70-Jährige zurück auf den Titelseiten, ihm drohen bis zu zehn Jahren Haft und eine Millionenstrafe. Auch könnte er Persönlichkeiten wie Ex-Präsident Nicolas Sarkozy, die Ex-Finanzministerin und heutige IWF-Chefin Christine Lagarde und ihren ehemaligen Büroleiter Stéphane Richard mit in den Abgrund reißen. Denn Lagarde und Richard haben statt eines Prozesses den unüblichen Weg über ein privates Schiedsgericht zugelassen - möglicherweise auf Anweisung Sarkozys. Tapie hatte ihn im Wahlkampf 2007 unterstützt. Beide Männer verband seit Jahrzehnten eine "Gelegenheits-Freundschaft", wie es die Zeitung "Le Monde" formuliert. Auch gab es vor dem Schiedsspruch ein Treffen der Beteiligten im Élysée-Palast. Sarkozy ist für Handlungen in seiner Zeit als Staatschef immun vor gerichtlicher Verfolgung, doch auf dem Spiel steht sein Ruf.

Auch Lagardes Karriere scheint bedroht. Sie hat ausgesagt, sie habe das jahrelange juristische Tauziehen beenden wollen, aber auch, dass sie wohl anders entschieden hätte, wenn sie von den vielen Verstrickungen gewusst hätte. Während die IWF-Chefin mit dem Status als "verdächtige Zeugin" davongekommen ist, wird gegen Richard ermittelt. Die Regierung hat ihm das Vertrauen ausgesprochen, aber zugleich Einspruch gegen die Entscheidung eingelegt. Dass Tapie die Millionen zurückzahlen muss, ist nicht ausgeschlossen; dabei hat er sie längst investiert in Villen, eine Yacht und die Mediengruppe Hersant.

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