Merkels Premiere Erstmals besucht eine Kanzlerin die Kultusministerkonferenz

BERLIN · Es war eine verschobene Premiere: Schon im Oktober wollte Angela Merkel eigentlich die Kultusministerkonferenz (KMK) besuchen, doch Terminprobleme rund um die Euro-Schuldenkrise hielten sie damals von der Teilnahme ab. Ein hoch symbolischer Besuch, den die Bundeskanzlerin gestern nachholte. Denn noch nie hatte sie oder einer ihrer Vorgänger die Kultusministerkonferenz in ihrer mehr als 60-jährigen Geschichte besucht.

"Ich bin auch hergekommen, um zuzuhören", sagte Merkel nach dem Treffen, das der Hamburger Bildungssenator und Konferenzvorsitzende Ties Rabe (SPD) als "ungewöhnlich entspannt" bezeichnete. Entspannt möglicherweise auch deshalb, weil jüngst Bewegung in die Debatte um das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in Bildungsfragen gekommen ist.

Nach der Föderalismusreform von 2006 darf der Bund die Länder im Bildungswesen nicht dauerhaft finanziell unterstützen, was diese in Zeiten von Schuldenbremse und demographischem Wandel zunehmend als belastend empfinden. Gleichwohl gibt es zahlreiche gemeinsame Projekte wie die Qualifizierungsinitiative, die Kita-Kinder ebenso fördert wie ältere Beschäftigte, die durch Weiterbildung ihre Chancen am Arbeitsmarkt verbessern sollen, oder den Hochschulpakt. Auch den Ausbau der Ganztagsschulen hat der Bund über Jahre mit unterstützt.

Inzwischen sind sich der Bund und die meisten Länder einig, dass das Kooperationsverbot nicht mehr in die Zeit passt. Im Gespräch mit der Kanzlerin spielte es gestern zwar laut Rabe keine Rolle, doch unterschwellig geht es bei vielen Fragestellungen immer darum, wer die Kosten tragen soll. Das gilt ebenfalls für die Themen Integration und Migration, die offiziell beim Treffen mit Merkel auf der Tagesordnung standen. Erst im Januar hatte der Zweite Integrationsindikatorenbericht gezeigt, wie sehr sich die Schulleistungen und Arbeitsmarktchancen von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund noch unterscheiden. Wobei sich auch zeigte, dass es mehr soziale Probleme sind, die den mangelnden Bildungserfolg bei Migranten bestimmen, und nicht so sehr die ausländische Herkunft.

Auffällig waren die lobenden Worte, die Rabe für die gemeinsame Sitzung mit Merkel fand. Auch zeigte er sich durchaus offen für eine Wiederholung der Begegnung: "Gegen Dialog kann man nichts haben." Noch sieht die SPD nur die Hälfte ihrer Forderungen hinsichtlich des Kooperationsverbots erfüllt. Bisher hat sich die schwarz-gelbe Koalition nur bereit erklärt, die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in Wissenschaft und Forschung auszubauen, von einer Aufhebung des Kooperationsverbotes bei der Schulfinanzierung war noch nicht die Rede. Gerade hier muss aus Sicht der SPD aber der Bund deutlich mehr Engagement zeigen. Entsprechende Anträge haben die Sozialdemokraten in den vergangenen Monaten in Bundestag und Bundesrat eingebracht.

"Die Zukunft Deutschlands wird wesentlich durch das Gelingen der Integration bestimmt", sagte Merkel. Neben der Förderung der deutschen Sprache bei Migranten und deutschsprachigem Islamunterricht soll dazu auch das Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse beitragen, das jetzt in Kraft tritt. Dann müssen ausländische Ärzte ihr Geld nicht mehr als Taxifahrer verdienen. Rabes Fazit: "Das Gespräch hat allen heute Mut gemacht."

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