EU-Parlament verschiebt nach Tumult Debatte über TTIP-Abkommen

Straßburg · Nach einer tumultartigen Diskussion hat das EU-Parlament auch die für heute vorgesehene Debatte über das stark umstrittene transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) mit den USA verschoben.

 Bei einer Demonstration gegen den G7-Gipfel in München wurde auch gegen das TTIP protestiert. Foto: Boris Roessler

Bei einer Demonstration gegen den G7-Gipfel in München wurde auch gegen das TTIP protestiert. Foto: Boris Roessler

Foto: DPA

Mit einer knappen Mehrheit von 183 gegen 181 Stimmen stimmten die Abgeordneten am Morgen dem Antrag von Christdemokraten, Konservativen und Liberalen zu. Ihr Argument: Die Debatte sollte nicht von der Abstimmung getrennt geführt werden. Der Streit entzündet sich an der Schiedsgerichtsbarkeit, um Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten zu regeln.

Im Plenarsaal kam es dabei zu tumultartigen Szenen. Linke und Konservative warfen sich gegenseitig fehlendes Demokratieverständnis vor. Ein neuer Termin für Debatte und Abstimmung wurde zunächst nicht vereinbart.

"Mir macht es Angst, wenn ich sehe, wie die Links- und die Rechtsradikalen hier im Haus sich gegenseitig in Rage reden und die Grünen an der Seite dieser Leute stehen", sagte der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (CSU).

Darauf entgegnete die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Rebecca Harms: "Wenn jetzt jeder, der kritisch ist gegen private Schiedsgerichte, an den Pranger gestellt wird als links und rechtsradikal, dann frage ich mich, was wir für eine Basis der Zusammenarbeit haben."

"Wir wollen keine privaten Schiedsgerichte", sagte der Berichterstatter und Vorsitzende des Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD) auf einer Pressekonferenz. Die EVP (Christdemokraten) habe dieser Position nicht zustimmen wollen. "Offensichtlich will sie sich eine Hintertür offenhalten".

Gestern hatte Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) mit Hinweis auf die Fülle von Änderungsanträgen die Abstimmung verschoben. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßte das. Früher sei der EU immer vorgeworfen worden, Kritik werde nicht ernst genommen und die Verhandlungen seien intransparent, sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo am Mittwoch im ZDF-"morgenmagazin". Insofern sei es positiv, dass man sich jetzt mit den mehr als 200 Änderungsanträgen beschäftige "und es dann nochmal, hoffentlich zeitnah" die Abstimmung gebe.

Der Streit über die Schiedsgerichtsbarkeit spaltet auch die Sozialdemokraten. Die Kritiker befürchten, dass bei privaten Schiedsstellen europäische Investoren in den USA gegenüber US-Unternehmern benachteiligt würden und US-Konzerne sich gegen europäische Staaten durchsetzen könnten.

Wenn Linke und Grüne sich mit ihrer entschiedenen Ablehnung privater Schiedsstellen durchgesetzt hätten, hätten Konservative und Christdemokraten gegen die gesamte Entschließung gestimmt. Das Votum des Parlaments ist in jedem Fall nicht bindend.

Die Regierungen in den EU-Mitgliedstaaten halten TTIP wie die Wirtschaft für eine große Chance für mehr Wachstum und Arbeitsplätze. "Handelshemmnisse" sollen wegfallen. Dabei geht es weniger um Zölle, als um Produktionsnormen und Qualitätsstandards für einen Wirtschaftsraum mit rund 800 Millionen Verbrauchern. Verhandelt wird mit den USA seit 2013, die Diskussionen könnten bis 2017 abgeschlossen werden.

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