EU-Umweltminister öffnen Tür zu neuen Anbauregeln für Genpflanzen

Brüssel · Die EU-Länder könnten den Anbau von Genpflanzen womöglich bald leichter verhindern: Viele EU-Umweltminister zeigten sich bei einem Treffen am Montag aufgeschlossen für die Pläne.

 Viele Verbraucher wollen keine genetisch veränderten Pflanzen auf dem Feld sehen. Die Regierungen könnten ihren Anbau möglicherweise bald einfacher untersagen. Foto: Norbert Försterling/Archiv

Viele Verbraucher wollen keine genetisch veränderten Pflanzen auf dem Feld sehen. Die Regierungen könnten ihren Anbau möglicherweise bald einfacher untersagen. Foto: Norbert Försterling/Archiv

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Die Blockade sei gelöst, sagte der zuständige EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg nach dem Treffen in Brüssel. Vor vier Jahren hatte seine Behörde erste Vorschläge auf den Tisch gelegt, die aber bisher keinen Zuspruch gefunden hatten. Doch selbst wenn sich die EU-Staaten nun einigen, bräuchten Neuregelungen auch die Zustimmung des Europaparlaments.

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) erwartet, dass sich die Staaten demnächst auf neue Zulassungsregeln einigen. Da Großbritannien seine ablehnende Haltung aufgegeben habe, gebe es unter den EU-Staaten wahrscheinlich eine ausreichende Mehrheit. "Deutschland hat sich immer noch nicht so richtig entscheiden können", räumte Hendricks ein. Die Ministerin selbst ist für die Pläne, wirbt bei anderen Kabinettskollegen auf Unionsseite aber noch um Unterstützung.

Die Vorschläge sehen vor, dass die Regierungen den nationalen Anbau genetisch veränderter Pflanzen leichter untersagen können. Borg sagte, bei gutem Willen sei eine Einigung unter den EU-Staaten bis zu den Europawahlen Ende Mai möglich.

Derzeit können die EU-Staaten den Anbau in Europa zugelassener Genpflanzen nur verhindern, falls sie ein Verbot mit dem Verweis auf Gefahren für Mensch oder Umwelt begründen können. Doch die Nutzung dieser "Schutzklausel" ist nicht ganz einfach: Dazu müssen die Regierungen neue wissenschaftliche Erkenntnisse auf den Tisch legen, die die zuständige EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) in ihren Analysen noch nicht berücksichtigt hat. Deutschland hat dies beim Genmais MON 810 getan. Jüngst erst sorgte der Genmais 1507 für Furore, weil die EU-Staaten trotz breiter Ablehnung nicht die notwendige Mehrheit zustande brachten, um eine Zulassung zu verhindern.

Mit den neuen Plänen sollen die EU-Staaten nun mehr Spielraum für nationale oder regionale Anbauverbote bekommen. Die Liste möglicher Gründe für ein Verbot würde länger - so könnten die Staaten den Anbau zum Beispiel aus politischen Gründen untersagen. Auch kleine Parzellen in der Landwirtschaft könnten ein Argument sein, weil sich dann genetisch veränderte Pflanzen weniger leicht von normalen Pflanzen trennen lassen.

Voraussetzung für solche nationalen Verbote wäre allerdings, dass sich die Staaten zu Beginn des Prozesses mit dem entsprechenden Agrarkonzern beraten haben. Das Unternehmen würde womöglich schon auf den Zulassungsantrag verzichten, falls es starken Gegenwind spürt.

Obwohl er nationale Anbauverbote für Genpflanzen erleichtern würden, lehnen Umweltverbände den Vorschlag ab. Verbote auf dieser Grundlage seien nicht wasserdicht, bemängelte Greenpeace. Die Agrarkonzerne könnten sie juristisch anfechten. Friends of the Earth Europe bezeichnete die Pläne als "vergifteten Kelch". "Auf diese Art würden Europas Felder nicht von diesen ungewollten Pflanzen freigehalten."

Die Organisation Foodwatch erinnerte daran, dass Anbauverbote allein nicht verhinderten, dass Verbraucher mit Genprodukten in Berührung kommen. 80 Prozent aller in der EU verwendeten Genpflanzen landeten im Tierfutter. Solche Produkte müssten gekennzeichnet werden, erklärte der stellvertretende Geschäftsführer Matthias Wolfschmidt. "Nur wenn Verbraucher erfahren, ob Milch, Eier, Käse und Co. mithilfe gentechnisch veränderter Futtermittel hergestellt wurden, können sie im Supermarkt eine bewusste Kaufentscheidungen treffen."

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