Porträt Fast Mister Olympia

BERLIN · Es hätte eine perfekte Woche werden können für Michael Müller. Zu Beginn gleich der Zuschlag für Berlin als deutsche Bewerberstadt für die Olympischen Sommerspiele 2024 - und der Regierende Bürgermeister hätte sich an seinem 100. Tag zum Ausklang der vergangenen Woche im Amt als "Mister Olympia" feiern lassen können.

 Michael Müller.

Michael Müller.

Foto: dpa

Aber das Leben ist kein Wunschkonzert, gerade für den "Regierenden" in Berlin nicht, eine Stadt, die von ihrer Schuldenlast von 63 000 Millionen Euro erdrückt wird. Das Präsidium des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) entschied sich für den Konkurrenten: Gold für Hamburg, Silber für Berlin, nicht zuletzt, weil die Berliner Olympia in ihrer Stadt nicht so sehr wollten wie die Hamburger. Müller mochte dies nicht als persönliche Niederlage werten, "schließlich sind wir als Team angetreten".

Jetzt kann sich der SPD-Politiker, der vergangenen Dezember Klaus Wowereit nach dessen gut 13 Jahren im Amt beerbte, voll auf seine Regierungsgeschäfte im Land Berlin konzentrieren. Auch nach der zweiten gescheiterten Olympia-Bewerbung Berlins gibt es genug Baustellen in der Stadt. Nummer eins: der Problem-BER, wie der Großflughafen Berlin-Brandenburg (BER), für den mittlerweile schon vier Eröffnungstermine abgesagt werden mussten, gern genannt wird. Sinnigerweise hatte der ehemalige Flughafenchef Hartmut Mehdorn zuletzt noch mit einem Baustopp auf dem Flughafen gedroht, sollte der Aufsichtsrat nicht notwendige weitere 1,1 Milliarden Euro für die Fertigstellung freigeben. Böse Zungen fragten wegen der latenten Bauverzögerung kess zurück: Welcher Baustopp? Aber jetzt kann die Show weitergehen, auf dass der Flughafen vielleicht doch, wie von Mehdorn angekündigt, 2017 eröffnet werden kann. Berlin hofft auf sein Flughafen-Wunder.

Der 50 Jahre alte SPD-Politiker Müller will auch dabei ganz Sachwalter Berliner Interessen sein. Der sogenannte "Glamour-Faktor", den der damals Regierende Partymeister Wowereit zunächst mit ins Amt brachte, geht Müller nahezu vollends ab, was für Amt und Stadt nicht schlecht sein muss. Müller, der sich für die Wowereit-Nachfolge in einem SPD-Mitgliederentscheid gegen Jan Stöß und Raed Saleh durchsetzen musste, geht lieber zu einem Grillabend eines Kleingärtnervereins in den Wedding als zu einem Berlinale-Empfang. Small Talk ist seine Sache nicht. In einer Stadt, die gesellschaftlich weiter irgendwie geteilt ist, weil der Zehlendorfer aus dem Westen nur in größter Not nach Marzahn im Osten fährt (und umgekehrt), gibt es genügend andere Probleme als Champagnerpreise. Die Mieten sind zwar noch nicht explodiert und haben noch keine schwindelerregenden Höhen wie in Paris oder London erreicht, aber auf dem Immobilienmarkt in Berlin hat sich der Wind doch deutlich gedreht. Je hipper die Stadt, desto doller die Preise. Die von Müller geführte große Koalition von SPD und CDU muss für bezahlbaren Wohnraum sorgen. Müller kündigte bis zu 400 000 Neubauwohnungen an. Und in den bevorstehenden Verhandlungen über den Länderfinanzausgleich, muss er sich mit Geberländern wie Bayern auseinandersetzen, die nicht mehr in dem Umfang wie bisher für das chronisch klamme Berlin zahlen wollen.

Kurzum: Müller muss sich als Erster Mann der Stadt behaupten und beweisen. Auch mit Blick auf die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im Herbst 2016. Die Landes-SPD, deren Vorsitzender Müller acht Jahre war, will weiter den "Regierenden" stellen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort