Nach dem Anschlag von Berlin Flüchtlinge warnten früh vor Amri

Düsseldorf · Mitbewohner zeigten Hinweise auf IS-Kontakt schon im Dezember 2015 bei den Behörden an. Der Kreis Kleve brachte vergeblich eine Abschiebeanordnung ins Gespräch.

 Vor Kerzen und Blumen bleiben Menschen am Ort des Anschlags in Berlin stehen, um der Opfer zu gedenken. Der Tunesier Anis Amri steuerte am 19.Dezember 2016 einen gestohlenen Lkw auf einen Weihnachtsmarkt und tötete dabei zwölf Menschen.

Vor Kerzen und Blumen bleiben Menschen am Ort des Anschlags in Berlin stehen, um der Opfer zu gedenken. Der Tunesier Anis Amri steuerte am 19.Dezember 2016 einen gestohlenen Lkw auf einen Weihnachtsmarkt und tötete dabei zwölf Menschen.

Foto: dpa

Der Berliner Attentäter Anis Amri ist früher als bislang bekannt von Mitbewohnern der Asylunterkunft Emmerich als Sympathisant der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) angezeigt worden. Der Tunesier sei bereits im Dezember 2015 anonym durch andere Flüchtlinge bei der Ausländerbehörde des Kreises Kleve ausdrücklich „wegen mutmaßlicher Kontakte zum sogenannten IS“ gemeldet worden, erklärte die Kreisverwaltung Kleve am Freitag gegenüber dieser Zeitung. Diese Anzeige sei sofort der zuständigen NRW-Staatsschutzdienststelle zugleitet worden. Am 3. Dezember 2015 sei der Kreis Kleve „informell telefonisch darauf hingewiesen worden, dass Herr Amri im Fokus der Sicherheitsbehörden steht“.

Landeskriminaldirektor Dieter Schürmann hatte in der Sondersitzung des NRW-Innenausschusses am Donnerstag ausgeführt, dass das Landeskriminalamt im September und Oktober 2016 von tunesischen und marokkanischen Sicherheitsbehörden Informationen dazu bekommen habe, dass Amri Anhänger des IS sei und über Kontakte zu IS-Sympathisanten verfüge. Bereits im Oktober 2015 hatte ein Zimmernachbar Amris gemeldet, dass dieser Handy-Fotos von schwarz gekleideten Personen mit Kalaschnikow besitze. Die Polizei erstellte einen „Prüffall Islamismus“.

Da Amri zu diesem Zeitpunkt in Emmerich unter dem Namen Mohamed Hassa lebte, konnten die Sicherheitsbehörden zunächst keinen Bezug zu einem nicht näher bekannten „Anis“ herstellen, der möglicherweise Anschläge in Deutschland verüben wolle. Geklärt werden konnte Anis Amris wahre Identität erst mit Hilfe des Bundeskriminalamtes (BKA) am 16. Dezember 2015. Als Gefährder wurde er erstmals erst am 17. Februar 2016 eingestuft. Kurz darauf verlegte er seinen Lebensmittelpunkt nach Berlin.

Offenbar ist vom Kreis Kleve vergeblich die schärfste Sanktion des Aufenthaltsgesetzes gegen den späteren Attentäter Anis Amri ins Gespräch gebracht worden. Man habe an das Innenministerium die Frage gerichtet, „ob gegen Herrn Amri eine Abschiebeanordnung nach Paragraf 58a des Aufenthaltsgesetzes in Frage kommt“. Die rechtlichen Voraussetzungen hätten im vorliegenden Fall nicht von der Ausländerbehörde geprüft werden können.

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