Euro-Debatte Frankreich und Italien wollen Rettungsschirm ohne Kreditlimit

Berlin · Was noch kommen wird? Niemand hat die Glaskugel, niemand eine Blaupause, deren Muster die Hüter des Euro einfach für die nächste Rettung auflegen könnten. "Feuerkraft" für den Euro ist gefragt.

 Tagesgespräch: der Euro. Das Bild zeigt die EZB-Zentrale in Frankfurt am Main.

Tagesgespräch: der Euro. Das Bild zeigt die EZB-Zentrale in Frankfurt am Main.

Foto: ap

Vergangene Woche noch hatte eine Aussage des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, aufhorchen lassen, nach der gemutmaßt worden war, die EZB könnte womöglich Staatsanleihen von Krisenstaaten wie Spanien oder Italien aufkaufen, um die Zinslast dieser Länder zu senken, wohl gemerkt: "innerhalb des Mandates" der EZB.

Doch genau am Einhalten der Mandatsgrenze hat der frühere Chefvolkswirt der EZB, der Deutsche Jürgen Stark, seine Zweifel. "Ich sehe das Problem, dass die Europäische Zentralbank hier über ihr Mandat hinausgeht. Es ist nicht die Aufgabe einer Zentralbank (...) staatliche Aufgaben zu finanzieren oder Staaten direkt Geld zu geben. Und das geschieht mit dem Kauf von Staatspapieren, auch wenn dies über den Sekundärmarkt kommt", mahnte Stark gestern im Deutschlandfunk.

Stark hatte im vergangenen Jahr für die Öffentlichkeit überraschend seinen Posten im Direktorium der EZB geräumt, wie es hieß "aus persönlichen Gründen". Im Hintergrund aber schwelte ein Streit in der EZB über die Ausweitung und Wiederaufnahme des Ankaufs von Staatsanleihen sowie Kritik über den wachsenden Verlust der Unabhängigkeit der EZB gegenüber der Politik.

Jetzt soll nach Überlegungen aus Euro-Staaten wie Frankreich und Italien dem dauerhaften Rettungsschirm ESM auch noch unbegrenzt Kredit eingeräumt werden. Im Finanzkrisenjargon ist schon davon die Rede, es gehe um die "volle Feuerkraft für den Euro". Der ESM könnte sich dann - ohne jedes Limit - Geld bei der Zentralbank leihen, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet.

Der ESM würde die Anleihen als Sicherheit bei der EZB hinterlegen und sich im Gegenzug von der Zentralbank frisches Geld besorgen. Die Hoffnung: Schon allein die Vergabe einer solchen Banklizenz an den ESM könnte die Märkte beruhigen. Ex-EZB-Banker Stark sagt, das Konzept sei nicht neu, werde "schon seit vielen, vielen Monaten diskutiert".

Es gehe darum, ob die EZB dem Krisenfonds EFSF in Luxemburg, Vorläufer des dauerhaften Rettungsschirmes ESM, eine Banklizenz einräume, damit sich der Rettungsfonds dann direkt bei der EZB mit Geld versorgen könne. Für Stark ist dies "ein klarer Verstoß gegen europäisches Recht, denn es bedeutet indirekte Staatsfinanzierung, unbegrenzte und indirekte Staatsfinanzierung über die Europäische Zentralbank".

Und auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) stemmt sich gegen eine solche Banklizenz des ESM mit unbegrenztem Kreditvolumen bei der EZB. Dies würde das Verbot der Staatsfinanzierung durch die EZB unterlaufen und das deutsche Haftungsrisiko "übermäßig" erweitern, kritisierte DSGV-Präsident Georg Fahrenschon.

Eine Banklizenz für den ESM oder ein Schuldentilgungsfonds ist wiederum für den Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin ein Mittel, die Vertrauenskrise in den Euro zu überwinden. Denn: Die enorme Zinslast drohe die Krisenländer zu erdrücken. Trittin kritisiert, weil die Bundesregierung in der Schuldenfrage blockiere, müsse die EZB Anleihen kaufen und treibe so die Risiken nach oben.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle lehnt dagegen eine Banklizenz als "Inflationsmaschine und eine Vermögensvernichtungswaffe" ab. Was also tun? Das Bundesfinanzministerium gibt sich von all den Debatten um die künftige Feuerkraft des Euro unbeeindruckt und lehnt einen Euro-Rettungsschirm ohne Limit ab. Der ESM habe nun mal keine Banklizenz und es gebe auch keine Notwendigkeit dafür.

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