Friedrich lässt Linke-Beobachtung überprüfen

Berlin · Nach Protesten quer durch die Fraktionen stellt Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die Überwachung von 27 Linken-Abgeordneten auf den Prüfstand.

 Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Foto: Wolfgang Kumm

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Foto: Wolfgang Kumm

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Beobachtet werden sollten nur Führungsfiguren der Bundestagsfraktion und Mitglieder extremistischer Gruppierungen, sagte der CSU-Politiker. Nach diesen Kriterien werde die Liste nun überprüft. Das Parlamentarische Kontrollgremium für die Geheimdienste billigte mehrheitlich die Beobachtung der Linken im Grundsatz.

Unklar blieb allerdings, mit welchen Methoden der Verfassungsschutz die Partei ins Visier nimmt. Friedrich beteuerte, dass bei Abgeordneten nur offene Quellen wie Zeitungsartikel und Redetexte ausgewertet würden. In der umfangreichen Akte über Fraktionschef Gregor Gysi finden sich nach Angaben aus dem Innenministerium aber nachrichtendienstlich beschaffte Unterlagen, die allerdings von den Landesämtern für Verfassungsschutz stammen sollen. 7 von 16 dieser Behörden arbeiten auch bei der Beobachtung der Linkspartei mit geheimdienstlichen Methoden. Darunter versteht man beispielsweise das Abhören von Telefonen, Observationen von Wohnungen oder den Einsatz von V-Leuten.

Gysi hatte die Einsicht in seine Akte bereits 2008 vor dem Kölner Verwaltungsgericht erstritten. Das 1000-seitige Konvolut wurde ihm im Dezember zugestellt. In einem Schreiben an das Verwaltungsgericht Köln, das der Akte beilag, erklärt das Bundesinnenministerium, warum zahlreiche Seiten geschwärzt oder gar nicht erst übermittelt wurden.

An einer Stelle schreibt das Ministerium beispielsweise: "Bei Blatt 18 bis 24 handelt es sich um eine Übersendung von nachrichtendienstlich beschafften Unterlagen an das BfV (Bundesamt für Verfassungsschutz, die Red.)." Zu den nicht vorgelegten Seiten 12 bis 14 der Gysi-Akte schreibt das Ministerium: "Der notwendige Schutz der Informationsquellen und der Vertraulichkeitszusagen an Informanten lässt das Geheimhaltungsinteresse überwiegen."

Insgesamt haben rund ein Dutzend der 27 vom Verfassungsschutz beobachteten Bundestagsabgeordneten der Linken auf Akteneinsicht geklagt. Etwa die Hälfte hat ihre Akten schon gesehen, darunter Parlamentsvizepräsidentin Petra Pau und die Parlamentarische Geschäftsführerin Dagmar Enkelmann.

Gysi bezeichnete das Einlenken Friedrichs mit der Überprüfung der Liste als unzureichend. "Der Versuch von Bundesinnenminister Friedrich, die Sache irgendwie zu korrigieren, wird nicht funktionieren", sagte er. Die Beobachtung müsse eingestellt werden. Das forderte auch die Grünen-Fraktionschefin Renate Künast. Die Beobachtung entspringe "einer überkommenen Kalten-Kriegs-Ideologie des Verfassungsschutzes", sagte sie der dpa.

In den vergangenen Tagen hatten neben der Linken und den Grünen auch SPD und FDP gegen die weitreichende Beobachtung von Parlamentariern der Linken protestiert. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hält die Praxis für unverhältnismäßig. Mehrere führende Unions-Politiker verteidigten das Vorgehen des Verfassungsschutzes allerdings.

Die Mehrheit Geheimdienst-Kontrolleure des Bundestags billigten die Beobachtung von Abgeordneten der Linkspartei im Grundsatz. Der Vorsitzende des zuständigen Gremiums, Peter Altmaier (CDU), sagte, der Staatsschutz handle entsprechend einer gesetzlichen Grundlage. "Zu diesem gesetzlichen Auftrag gehört auch die Beobachtung der Partei die Linke".

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle forderte Friedrich und die Länder allerdings auf, Fragen rund um die Beobachtung der Linkspartei durch den Verfassungsschutz aufzuklären. Die große Zahl der betroffenen 27 Abgeordneten führe dazu, dass man durchaus an der Verhältnismäßigkeit zweifeln könne.

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