Kommentar zur Entschuldigung von Minister Reul Frustrierend

Meinung | Bonn · Mit ihren Handlungen rund um den Fall Sami A. haben sich die Minister Reul und Stamp keinen Gefallen getan. Stattdessen wäre es sinnvoll, endlich die drängenden Probleme rund um das Thema Einwanderung anzugehen, meint GA- Chefredakteur Helge Matthiesen.

Offenbar haben sich inzwischen alle wieder ein wenig beruhigt und kehren zu einem sachlichen Miteinander zurück. Den Ministern Reul und Stamp dürfte inzwischen klar sein, dass es keine kluge Idee ist, die Grenzen des Rechtsstaates zu testen, um einem wie auch immer gearteten Volksempfinden freie Bahn zu verschaffen. Ihr Handeln zeugt von einem gewissen Frust über die Handlungsunfähigkeit der Politik. Die fühlt sich unter Druck gesetzt, zu wenig gegen sogenannte Gefährder zu unternehmen, zu weich zu sein. Rechtsstaat ist eben kompliziert. Aber so geht es eben nicht, wenn denn der Staat funktionieren soll.

Vielleicht sollten einige Politiker – ganz gleich ob sie Söder, Seehofer, Reul oder Stamp heißen – einfach mit dem Schimpfen aufhören und sich auf ihre eigentliche Aufgabe besinnen. Sie machen die Gesetze und sie müssen in der Demokratie Führung übernehmen, vor allem dann, wenn es kompliziert wird und wenig Ruhm zu ernten ist.

Wie wäre es denn damit, die gesetzlichen Regelungen so zu verändern, dass Abschiebungen auch funktionieren, wenn sie denn geboten sind? Wie wäre es denn damit, über neue Einwanderungsregeln nachzudenken, die endlich Asyl von Fachkräfteanwerbung sinnvoll trennen? Wie wäre es denn damit, über humanitäre Lösungen für all jene nachzudenken, die integriert sind, aber aus rechtlichen Gründen abgeschoben werden müssen? In diesen Debatten ist viel Raum für den Handlungsdrang der Politiker. Sie haben die Möglichkeit, etwas zu verändern. Sie müssen diese Möglichkeit nur ergreifen.

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