Geheimdienste sammeln Millionen Daten - Kritik von FDP

Berlin · Deutsche Geheimdienste überwachen in immer größerem Stil E-Mails und andere Internet-Kommunikationsformen.

 Ein Sicherheitsbeamter vor dem Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln. Foto: Oliver Berg/Archiv

Ein Sicherheitsbeamter vor dem Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln. Foto: Oliver Berg/Archiv

Foto: DPA

Die Bild"-Zeitung berichtete unter Berufung auf zwei neue Berichte des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages (PKG), dass im Jahr 2010 mehr als 37 Millionen E-Mails und Datenverbindungen überprüft worden seien - fünfmal so viel wie im Vorjahr. Darin seien bestimmte Schlagwörter wie etwa Bombe oder Atom vorgekommen.

Nur in 213 Fällen habe es tatsächlich verwertbare Hinweise für die Geheimdienste gegeben. 2009 waren 6,8 Millionen Internet- und sonstige Kommunikation überprüft worden. Experten im Bundeskanzleramt verteidigten die Daten-Erfassung, die unter anderem dem Schutz von Einsatzkräften in Krisenregionen diene.

Die innenpolitische Sprecherin und stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, forderte hingegen, die Tätigkeit der Nachrichtendienste angesichts dieses Missverhältnisses von Überwachung und tatsächlichen Anhaltspunkten zu überprüfen. "Das ist nicht nur rechtsstaatlich fragwürdig, sondern stellt die Effektivität der Arbeit der Nachrichtendienste infrage."

"Ein derart grobes Raster wie die Verwendung von Wörtern wie "Bombe" ist ersichtlich ineffektiv und kann wirklich jedermann einer Überwachung aussetzen", meinte Piltz. Es sei eine Runderneuerung der Nachrichtendienste notwendig. Auch die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Renate Künast, forderte, die Suchbegriffe deutlich zu präzisieren, "damit Aufwand und Ertrag wieder in ein besseres Verhältnis kommen".

Fachleute des Bundeskanzleramtes erklärten: "Der Anstieg der Erfassungen hat verschiedene Gründe; ein wesentlicher Grund liegt in der rapiden Zunahme von Spam-Verkehren, die einen Großteil der erfassten Telekommunikation ausmachen." Es handle sich bei der Überwachung um die sogenannte strategische Fernmeldeaufklärung. Sie trage der wachsenden Bedrohung durch Terrorismus und Menschenhandel und dem Schutz von Einsatzkräften in Krisengebieten Rechnung.

Dabei werde ein Bruchteil der internationalen Kommunikation nach bestimmten Suchbegriffen gefiltert. Eine konkrete inhaltliche Überwachung erfolge dabei nicht. Die Suchbegriffe werden den Experten aus dem Kanzleramt zufolge von der G-10-Kommission genehmigt. Dieses Gremium entscheidet im wesentlichen, ob Überwachungsmaßnahmen zulässig sind.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), Bundesnachrichtendienst (BND) und Militärischer Abschirmdienst (MAD) dürfen den Datenverkehr durchforsten, um Terroristen, Waffenschieber oder Schleuser-Banden aufzuspüren.

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