Putin-Reise nach Ankara Gestörtes Verhältnis

MOSKAU · Der Konflikt zwischen Syrien und der Türkei verschärft sich. Nun ist auch noch Streit mit Russland ausgebrochen. Präsident Wladimir Putin hat seine Reise nach Ankara, die ab diesem Sonntag geplant war, abgesagt. Angeblich wegen eines "zu vollen Terminkalenders".

 Neue Krise, neue Reisepläne: Russlands Präsident Wladimir Putin meidet die Türkei.

Neue Krise, neue Reisepläne: Russlands Präsident Wladimir Putin meidet die Türkei.

Foto: dpa

Der Grund aber ist ein von den Türken heruntergeholtes Passagierflugzeug auf dem Weg von Moskau nach Damaskus, voller Waffen, so der Vorwurf aus Ankara.

Moskau ist verärgert. "Es waren weder Waffen noch sonstige Systeme oder Aggregate für Kampftechnik an Bord der Passagiermaschine", hieß es aus dem russischen Außenministerium gestern. "Wenn man Waffen exportieren wollte, dann würde das nach der üblichen Praxis geschehen, nicht auf illegalem Wege und noch dazu unter Nutzung eines Passagierflugzeugs", sagte ein Vertreter der russischen Rüstungsexportindustrie laut russischer Agentur "Interfax".

Russland wolle sich nun im wachsenden Konflikt zwischen der Türkei und Syrien nicht auf eine Seite stellen. So zitiert die russische Zeitung "Wedomosti" einen Kremlbeamten. Deshalb sei Putin nicht auf dem Weg nach Ankara.

Der Linienflug RB442 war am Mittwoch mit einer etwa 20 minütigen Verspätung aus Moskau gestartet. Keine drei Stunden später flankierten zwei türkische Kampfflugzeuge den Passagierflieger, zwangen den Airbus A320 zur Landung in der türkischen Hauptstadt. Das Ziel hatte die Maschine der Syrian Air nicht erreicht: Damaskus.

300 Kilogramm Waffenmaterial und Munition sollen an Bord gewesen sein, türkische Medien sprechen von Kommunikationsausrüstung, Störsendern und Raketenteilen. Sie schreiben von russischen Waffen für syrische Aufständische. Der Kreml zeigt sich irritiert. Während die Maschine nach einer neunstündigen Durchsuchung wieder in die Luft ging, ist das Verhältnis zwischen Moskau und Ankara angespannt.

Die einstigen Rivalen - vor allem um Territorien am Schwarzen Meer hatten sich Russen und Türken stets gestritten und sich in mehreren Kriegen bekämpft - treiben seit einigen Jahren ihre Zusammenarbeit voran, vornehmlich im Energiesektor.

Gaspipeline-Projekte wie South-Stream, dieses russisch-italienische Leitungssystem, das auf dem Grund des Schwarzen Meeres verlaufen soll und das die Türkei unterstützt, aber auch die transanatolische Pipeline von Samsun am Schwarzen Meer bis nach Ceyhan am Mittelmeer, die Russland wiederum gutheißt, zeugen davon.

Russland ist mittlerweile der größte Erdgaslieferant der Türkei. In einem Konsortium will es zudem am Bau und Betrieb eines türkischen Atomkraftwerks mitwirken. Das Projekt stockt derzeit allerdings.

Die russische Annäherung an die Türkei sorgte auch geopolitisch für neue Anknüpfungspunkte und brachte das scheinbar festgefügte Panorama im Südkaukasus durcheinander. Vor allem in Armenien rief das eigentlich verbesserte Verhältnis der beiden Länder Verunsicherung und Misstrauen hervor. Nun aber geht Moskau auf Distanz zu Ankara und will all die geplanten Projekte erst wieder im November ansprechen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort