Fraktionsklausur in Potsdam Grüne fordern mehr Klimaschutz und ein "Energiegeld"

POTSDAM · Die Grüne-Bundestagsfraktion fordert bei ihrer Klausur mehr Klimaschutz und will den Bürgern ein „Energiegeld“ geben

Null Emission. Auch wenn gerade erst Donnerstag ist, der nächste „Friday for Future“ steht bevor. Also rauf aufs Fahrrad, noch etwas Bewegung vor der Klausur. Katrin Göring-Eckardt, Britta Haßelmann und Cem Özdemir treten los, das Potsdamer Naturschutzgebiet rund um Neuen Garten, Glienicke und Pfaueninsel inspizieren. Co-Fraktionschef Anton Hofreiter schließt sich mit selbem Ziel der grünen Wandergruppe an, bevor die Abgeordneten der Bundestagsfraktion dann tatsächlich für zwei Tage in Potsdam in Klausur gehen. Es gibt viel zu besprechen: In drei Wochen steht die Europawahl an, am selben Tag auch die Wahl in Bremen. Anfang September wählen die Menschen in Brandenburg und Sachsen einen neuen Landtag, Ende Oktober dann auch in Thüringen. Der Osten war lange Grünen-Diaspora.

Aber jetzt schweben die Grünen seit Monaten auf einer sehr grünen Wolke sieben, mindestens im Bund. Es läuft. Parteichef Robert Habeck hat es zum derzeit beliebtesten deutschen Politiker geschafft. Aktuell wären sie zweitstärkste Kraft im Bund, stünden Bundestagswahlen an. In Brandenburg, Wahlheimat von Grünen-Parteichefin Annalena Baerbock, waren die Grünen 15 sehr lange Jahre außerparlamentarische Opposition – von 1994 bis 2009. Doch nun: Prima Potsdamer Klima. Die Meinungsforscher taxieren die einstigen Ökopaxe auf erstaunliche zwölf Prozent in Brandenburg, einem Bundesland, das traditionell an der Kohle hängt und von der SPD dauerregiert wird. Aus der Kohle wollen die Grünen lieber heute als morgen raus. Im Sitzungssaal hängt ein Großplakat mit Aufschrift: „Klima braucht Vielfalt. Wir auch.“

Europa soll "begrünt" werden

Aber jetzt soll erst einmal Europa begrünt werden. Mit Kernthemen der Grünen: Klimaschutz, Artenvielfalt, Wandel der Landwirtschaft. Der Grünen-Spitzenkandidat für die Europawahl, Sven Giegold, sieht nach einem „Hitze-Frühjahr“ Deutschland vor einem „zweiten Hitzesommer“ in Folge. Es drohten erneut Ernteausfälle und Dürren. Giegold fordert von einer neuen EU-Kommission nach der Europawahl einen grundlegenden Wandel in der Agrarpolitik. Eine neue Kommission dürfe „nicht für weitere sieben Jahre Insekten- und Vogelsterben subventionieren“, sondern müsse mit klaren Regeln mehr für den Schutz von Natur und Klima sorgen. Co-Fraktionschef Hofreiter sagt: „Die Landwirtschaft muss giftfreier werden.“ Weniger Gülle auf die Felder.

Von ihrer Klausur in Potsdam fordert die Bundestagsfraktion die schwarz-rote Bundesregierung erneut auf, im Kampf gegen die Erderwärmung mehr für Klimaschutz und für ein Ende des Artensterbens zu tun. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt betont, es gehe jetzt beim Klimaschutz „um Handeln und nicht um Aussitzen oder konzertierte Verantwortungslosigkeit“. Die Menschheit sei bereits „nahe an den Kipppunkten“, an denen man die ökologische Entwicklung auf diesem Erdball nicht mehr absehen könne. „Wir brauchen vor allem eine Bundesregierung, die handelt, die Klarheit hat, die nicht mehr aussitzt“, so Göring-Eckardt mit Blick auf ein immer noch nicht verabschiedetes Klimaschutzgesetz. Denn darüber gibt es in der schwarz-roten Koalition ebenso heftigen Streit wie über die Einführung einer CO2-Steuer für mehr Klimaschutz.

Co-Fraktionschef Anton Hofreiter fordert die Bundesregierung auf, alles dafür zu tun, „dass wir endlich zu einem vernünftigen CO2-Preis kommen“. Denn: „Wer viel verbraucht, soll auch viel bezahlen.“ Doch die Grünen wollen nicht nur nehmen, sondern auch geben. Mit einem „Energiegeld“ sollen Einnahmen aus einer CO2-Steuer auch zurück an die Bürger gehen. Wie gesagt, es ist Wahljahr. Öko-Robin Hood mag grüne Steuerpfeile aufziehen, aber keine schlechte Nachrichten verschicken.

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