Kommentar zum EU-Klimastreit Gültiger Lehrsatz

Meinung | Brüssel · In der EU wird weiter um den Klimaschutz gestritten, Deutschland verfehlt die Ziele für 2020. Deshalb gibt es keinen Grund, sich auf den bisherigen Beschlüssen auszuruhen, kommentiert GA-Korrespondent Detlef Drewes.

Zwölf Jahre ist es her, dass Angela Merkel sich den Ruf einer „Klima-Kanzlerin“ erwarb. Damals hatte Deutschland den EU-Vorsitz inne und es war Merkel, die die ambitionierten Ziele durchsetzte – mit Hilfe des schlagkräftigen Argumentes, Wirtschaftswachstum und Klimaschutz seien zwei Seiten der gleichen Medaille. Seither hat Deutschland viel angepackt, wenn auch nicht immer erfolgreich: Der Ausstieg aus der Kernenergie ist beschlossene Sache.

Das Ende der Kohle auch. Beides wird teuer, gewaltige Infrastrukturmaßnahmen sind nötig, um die CO2-freie Zukunft zu erreichen. Dennoch verfehlen wir die Ziele für 2020. Es gibt deshalb keinen Grund, sich auf diesen Beschlüssen auszuruhen. In Brüssel tritt Deutschland bei den Beratungen über eine Abkehr von fossilen Treibstoffen beim Verkehr immer wieder auf die Bremse. Bei der klimagerechten Umrüstung öffentlicher Gebäude ebenso. Natürlich sind die Aufwendungen dafür hoch, aber der Lehrsatz der Kanzlerin hat nichts von seiner Gültigkeit verloren. Klimaschutz ist ein Wachstumsprogramm. Deutschland darf es sich nicht leisten, als Blockierer dazustehen.

Allerdings zeigt die Diskussion um den französischen Vorstoß beim EU-Gipfel in Sibiu auch: Ein Wettlauf der Konzepte, bei dem mit unterschiedlichen Begrifflichkeiten und wechselnden Vergleichsjahren gerechnet wird, bringt die Sache nicht weiter. Hinter dem Begriff von der Klimaneutralität der Emissionen verbergen sich viele Versuche der Mitgliedstaaten, einen echten Abbau der schädlichen Abgase zu verhindern, indem man sich immer neue Hintertürchen bastelt. Die Kanzlerin hatte vor zwölf Jahren Recht. Ihr Satz gilt aber auch anders herum: Wer den Klimaschutz nicht vorantreibt, riskiert auf lange Sicht seine ökonomische Stärke.

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