"Runder Tisch Geburtshilfe" Hebammen kämpfen um die Existenz

DÜSSELDORF · Hohe Haftpflichtprämien, niedrige Löhne und der Rückgang der Geburtenraten nagen an der Existenz der Hebammen. Die NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens plant für 2014 einen "Runden Tisch Geburtshilfe".

Nach einer Protestwelle der verzweifelten Geburtshelferinnen mit bundesweit 130.000 Unterschriften verspricht die große Koalition im Bund laut Koalitionsvertrag nun eine "angemessene Vergütung". NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) plant zudem 2014 einen "Runden Tisch Geburtshilfe", um den gefährdeten Heilberuf dauerhaft zu erhalten.

Heute wird in Deutschland noch jede fünfte der 680.000 Geburten von einer freiberuflichen Hebamme begleitet - allerdings werden 98 Prozent der Kinder in Kliniken geboren. Von 1560 freiberuflichen Hebammen in NRW leisten laut Landesverband der Hebammen nur noch 378 Geburtshilfe. Die übrigen bieten nur noch Vor- und Nachsorge an. Für einen Wochenbettbesuch erhält die Hebamme 31 Euro - davon muss sie Altersversorgung, Krankenkasse, Haftpflicht, Ausstattung und Fortbildungen bezahlen. Damit sei die Freiberuflichkeit nicht mehr machbar, klagt der Hebammenverband.

Wer als freiberufliche Hebamme tätig ist, benötigt eine Haftpflichtversicherung. Nach Angaben des Hebammenverbandes stieg die Versicherungsprämie in den letzten zehn Jahren von 450 Euro jährlich auf 4240 Euro. Ab 2015 sollen die Prämien auf 5000 Euro steigen. Zwar ist die Zahl der Geburtsfehler mit 50 Fällen im Jahr seit langem konstant. Die Behandlungskosten für Menschen mit Geburtsfehlern und die Lebenserwartung der Menschen steigen aber an.

Freie Hebammen, die eine Frau bei der Geburt begleiten, erhalten pauschal 275 Euro. Bei Nachtgeburten (327 Euro) sowie Hausgeburten und Entbindungen in Geburtshäusern werden zwischen 550 und 695 Euro gezahlt.

CDU-Sozialexperte Oskar Burkert sieht die Ankündigung im Koalitionsvertrag "absolut positiv". In den nächsten Monaten müssten jetzt neue Regelungen gefunden werden. Der Hebammenverband fordert einen staatlich finanzierten Haftungsfonds, der den Versicherern die Kosten über einer bestimmten Haftungsgrenze abnimmt. Im Koalitionsvertrag ist davon allerdings nicht die Rede.

Der Deutsche Hebammenverband fürchtet auch um die Wahlfreiheit für Frauen, ob sie in einer Klinik, einem Geburtshaus oder zu Hause entbinden wollen. Im Koalitionsvertrag wird zumindest klargestellt: "Die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Geburtshilfe ist uns wichtig." NRW-Ministerin Steffens betont, dass "Hebammen einen besonders guten Zugang zu werdenden Müttern" haben. Ihre ganzheitliche Sichtweise prädestiniere "Hebammen für eine Rundumbetreuung der Familie und eine Lotsenfunktion im Bereich der frühen Hilfen", sagte Steffens unserer Zeitung.

Im Landesverband Hebammen NRW sind 3600 Hebammen organisiert. 2012 gab es 145.000 Geburten in NRW-Kliniken - zehn Prozent weniger als vor zehn Jahren. Die Zahl der Schülerinnen liegt seit Jahren konstant bei knapp 450.

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