Krisenfonds des Euro-Raums Höhere Brandmauer

Brüssel · Monatelang gab es für die EU nur ein Thema: Wo ist der Ausweg aus der Schuldenkrise? Inzwischen habe sich "alles etwas entspannt", bestätigt Jörg Asmussen, Direktor der Europäischen Zentralbank (EZB). Doch der Eindruck täuscht. In den vergangenen Tagen haben die Unterhändler der Euro-Staaten letzte Hand an die Vorbereitungen zur Erhöhung der "Brandmauer" gelegt, wie der neue Europäische Krisenmechanismus (ESM) genannt wird.

Inzwischen steht fest: Deutschland hat - ebenso wie Finnland - seinen Widerstand gegen mehr Geld aufgegeben. Der Bundeskanzlerin steht erneut ein unangenehmer Gang vor den Bundestag bevor.

Hilfszusagen von 500 Milliarden Euro geben die Euro-Länder für die neue Kasse ab, dazu kommen noch einmal 80 Milliarden in bar. Deutschland trägt davon 22 Milliarden sowie weitere 168 Milliarden an Kreditgarantien. Doch das wird nicht reichen. Geht es nach dem Willen der Europäer, soll zusätzlich die "Kriegskasse" des Internationalen Währungsfonds um rund 500 Milliarden Euro aufgestockt werden, um im Notfall eingreifen zu können.

150 Milliarden wollen die EU-Mitgliedstaaten dafür selbst aufbringen. Der Rest müsste von den G20-Staaten kommen. Die stellen eine Bedingung: Der ESM muss deutlich aufgestockt werden.

Bisher sagte die Bundesregierung Nein. Nun wird sie klein beigeben müssen. "Die Märkte würden mehr Geld in der Tat noch weiter beruhigen", gab der Chef des bisherigen EFSF-Rettungsschirms, Klaus Regling, zu Protokoll. "Große Zahlen im Schaufenster schaffen Ruhe." Deutschland könne da auch noch nachlegen.

Deutschen Zusagen würden auf 280 oder 290 Milliarden ansteigen

Schließlich "haben die Rettungsoperationen bisher keinen Euro deutsches Steuergeld gekostet". Stattdessen "profitierte Deutschland von der Krise, weil besonders viel Kapital ins Land geflossen ist und so die Zinsen gedrückt hat." Derzeit zahle Berlin rund 15 Milliarden weniger Zinsen.

Doch die Kanzlerin weiß, dass sie mit einer Erhöhung des ESM den Freiraum ausschöpft, den ihr der Bundestag gelassen hat. Er genehmigte bisher insgesamt 211 Milliarden Euro. Die werden aber überschritten, wenn man den bisherigen Rettungsschirm EFSF und ESM einfach weiter parallel laufen lässt, um die Gesamtsumme auf rund 700 Milliarden zu erhöhen.

Von den 440 Milliarden Euro des Rettungsschirms sind etwa 200 Milliarden bereits verplant. Unterm Strich würden die deutschen Zusagen auf 280 oder 290 Milliarden ansteigen. Die Kanzlerin bräuchte die Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates.

Das könnte schwierig werden. Merkels Dauer-Kritiker Peter Gauweiler (CSU) moniert schon wieder, dass "da eine rote Linie überschritten" werde. Sein Parteichef Horst Seehofer übt sich dagegen in Selbstdisziplin. "Die Rettungsschirme bedeuten noch nicht eine Erhöhung der Haftung", sagte er.

Seehofer weiß: Wenn er jetzt seine Kritik zu sehr raushängt, könnte es sein, dass er am Ende als "Königsmörder" dasteht. Schließlich kam Merkel bei der letzten Abstimmung zum zweiten Griechenland-Paket bereits die Kanzlerinnen-Mehrheit abhanden.

Mit Spannung wird nun erwartet, wie sich die EU-Finanzminister am Freitag und Samstag in Kopenhagen entscheiden. Deutschland hat - offenbar in weiser Vorausahnung - schon an anderer Stelle Härte angekündigt: Der Finanzrahmen der EU für die Jahre 2014 bis 2020 darf nicht steigen. Eine Billion Euro sollen genug sein.

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