OECD-Bericht Hohes Lohn- und Rentengefälle zwischen Frauen und Männern fest

BERLIN · Frauen erhalten in Deutschland nur die Hälfte der Durchschnittsrente, die Männern ausgezahlt wird. Dies ist eine der wesentlichen Erkenntnisse, über die die Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) am Montag in Berlin berichtete. Es ist der erste OECD-Bericht, der vor allem die Gleichstellung von Mann und Frau systematisch untersucht.

 Schlechter bezahlt: Berufstätige Frauen in Deutschland.

Schlechter bezahlt: Berufstätige Frauen in Deutschland.

Foto: dpa

Dieses massive geschlechtsbedingte Renten-Gefälle in Deutschland, heißt es in dem Report weiter, ist die größte Differenz innerhalb der Mitgliedstaaten. Als Gründe führen die Autoren kürzere Beitragskarrieren, weniger Arbeitsstunden und eine niedrigere Entlohnung an. Zwei Drittel der deutschen Rentner sind Frauen. Das sind ungefähr 13 Millionen Menschen. Grob geschätzt leben zehn Prozent der Frauen in teilweise extremer Altersarmut.

Zwischen Männern und Frauen besteht in Deutschland ein ausgeprägtes Lohngefälle. Dies hat allerdings mit der Qualität der Arbeitnehmerinnen nichts zu tun. 27 Prozent der Frauen zwischen 25 und 34 Jahren haben einen Hochschul- oder einen vergleichbaren Abschluss. Bei Männern liegt die Quote lediglich bei 25 Prozent. Das ist deshalb bemerkenswert, weil beispielsweise noch vor 20 Jahren die Zahl der Männer mit Hochschulabschluss erheblich über jener der Frauen lag. Das ist durchaus eine repräsentative Entwicklung innerhalb Europas. Einen ähnlichen Wert über den Bildungsvorsprung der Frauen findet man beim Nachbarland Österreich.

Ein aktuelles Problem lautet: Das Angebot an gut ausgebildeten Frauen wird auf dem Arbeitsmarkt nicht adäquat genutzt. Das hängt nach Ansicht der OECD-Forscher wesentlich mit der Ausweitung der Teilzeitarbeit zusammen. Sie soll es Frauen ermöglichen, Familie und Karriere miteinander zu verbinden. Viele Frauen kommen aber aus diesem System nicht wieder heraus. Das schlage auf den beruflichen Aufstieg negativ zurück. Frauen seien, so der Report, in Aufsichtsräten und Vorständen krass unterrepräsentiert.

Das Einkommen von Frauen, die es in Spitzenpositionen schaffen, liegt zudem im Schnitt um 22 Prozent niedriger als jenes bei den Männern. Diese Aussage wird die Diskussion über Frauen-Quoten gerade bei den Top-Jobs erneut anheizen. Denn die 22 Prozent Einkommens-Unterschied sind gleichbedeutend mit dem dritt-schlechtesten Platz unter den OECD-Mitgliedsländern.

Eine weitere Brücke für Mütter, die wieder ins Erwerbsleben einsteigen wollen, ist die Kinderbetreuung. Die Studie kommt zu einer durchaus positiven Würdigung der Impulse, die die von der großen Koalition beschlossene Elternzeit ergeben hat. 2007 waren es gerade mal neun Prozent Männer, die eine befristete berufliche Auszeit für die Kinderbetreuung akzeptiert hatten. Die aktuellen Zahlen weisen aus, dass der Anteil der Männer auf 25 Prozent gestiegen ist. Und diese Tendenz scheint sich fortzusetzen. Insgesamt, so der Bericht, fehlt in Deutschland ein "qualitativ hochwertiges und erschwingliches Betreuungsangebot".

Ein interessanter Aspekt: Nach Feststellung der Forscher hat Deutschland OECD-weit das einzige Steuer- und Sozialsystem, in dem es sich für die Eltern schulpflichtiger Kinder nicht lohnt, dass beide Elternteile arbeiten gehen. Das hängt mit dem jüngst beschlossenen Betreuungsgeld zusammen. Es dürfte vor allem die Mütter dazu bringen, das Kind zu Hause zu erziehen. So glauben es zumindest die Wissenschaftler. Damit würden aber die "schon erheblichen Unterschiede zwischen Männern und Frauen auf dem deutschen Arbeitsmarkt weiter verstärkt", heißt es in der internationalen Studie.

Etwa die Hälfte des im OECD-Raum erzielten Wachstums in den letzten 50 Jahren war der Steigerung des Bildungsniveaus zu verdanken. Zurückzuführen ist dies auf die Tatsache, dass immer mehr Frauen immer höhere Abschlüsse schafften. Es sei nunmehr "Zeit zum Handeln" schlussfolgert der Bericht. Dies beziehen die Forscher auch auf die Situation der Frauen in den Elendsgebieten der Dritten Welt, die ebenfalls untersucht wurden. Die Situation ist für die Frauen dort nur schwer erträglich. Trotzdem gibt es Initiativen, die vor allem das Klein-Unternehmertum als Ziel haben.

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