G20-Außenministertreffen in Bonn In Bonn zurück zur Weltordnung

Bonn · Es ist das politische Großereignis für Bonn seit der Afghanistan-Konferenz 2011: Das Treffen der G20-Außenminister. In Zeiten von Umbruch und Krisen will Deutschland mit seinem diesjährigen Vorsatz die multilaterale Weltordnung retten.

 Sehen sich schon am 16. Februar in Bonn wieder: Außenminister Sigmar Gabriel (r., SPD) und sein französischer Amtskollege Jean-Marc Ayrault vergangene Woche in Paris.

Sehen sich schon am 16. Februar in Bonn wieder: Außenminister Sigmar Gabriel (r., SPD) und sein französischer Amtskollege Jean-Marc Ayrault vergangene Woche in Paris.

Foto: dpa

Es gibt viel zu besprechen – in einer „Welt aus den Fugen“. Wenn Sigmar Gabriel am 16. und 17. Februar die Außenminister der G20-Staaten in Bonn versammelt, leitet der neue deutsche Chef-Diplomat nicht nur seine erste große Konferenz im neuen Amt. Er kann dann auch eine Problemskizze der globalen Herausforderungen auflegen. Gabriel, seit Freitag der vergangenen Woche Bundesaußenminister, lädt die G20-Kollegen beim Treffen im Kongresszentrum WCCB zur Debatte ein, wie die Welt zu einem System multilateraler Ordnung zurückkommen könne, wie es im Auswärtigen Amt heißt.

US-Präsident Donald Trump ist nach knapp zwei Wochen im Amt gerade dabei, diese Weltordnung munter durchzuschütteln. Aus dem transpazifischen Freihandelsabkommen TPP ist Trump zum Schrecken Japans oder Australiens per Dekret flugs ausgestiegen. Die Nato nannte er erst „überholt“ und „obsolet“, bevor er sich vergangenen Freitag bei einem Treffen mit der britischen Premierministerin Theresa May transatlantisch zahmer gab. Trump stehe 100 Prozent hinter der Nato – sagte May, nicht Trump, der sich selbst dazu nicht äußerte. Jeglicher Multilateralismus ist ihm ein Gräuel, so betonte er im Wahlkampf immer wieder. Gabriel machte bei seiner Antrittsrede im Auswärtigen Amt deutlich, dass er sehr schnell den designierten US-Außenminister der Trump-Regierung treffen will.

Denn die „enge transatlantische Partnerschaft ist Leitlinie deutscher Außenpolitik“. Was immer aus den USA nach Europa herüberschalle, für Deutschland müsse die Partnerschaft über den Atlantik Orientierung bleiben. „Deswegen freue ich mich, möglichst bald mit Rex Tillerson zusammenzutreffen.“ Gabriel will seinen Draht zur neuen US-Regierung etablieren. Eine Erkenntnis aus deutscher Sicht: Kein Land sei allein in der Lage, die Dinge zu ordnen.

Tillerson ist der Wunsch-Außenminister von Trump, über dessen Ernennung der US-Senat erst am Mittwoch abschließend entscheiden wollte. Allgemein wird erwartet, dass Tillerson nach seiner Bestätigung durch den US-Senat auch zum G20-Außenministertreffen nach Bonn kommt.

Großer Bahnhof am Rhein für Tillerson. Aber womöglich droht dort auch schon ein erster Konflikt. Denn auf der Tagesordnung der G20-Außenminister steht auch die Klimapolitik. Die G7 mit US-Präsident Barack Obama hatten sich 2015 bei ihrem Gipfel in Elmau darauf verständigt, noch in diesem Jahrhundert eine Welt ohne Gas und Öl zu erreichen. Weiteres Ziel: Die Erderwärmung soll auf deutlich unter zwei Grad des vorindustriellen Niveaus begrenzt werden. Trump dürfte sich an diese Abschlusserklärung von Elmau kaum gebunden fühlen, schließlich bezweifelt er, dass es Klimawandel überhaupt gibt.

Und Tillerson, Ex-Manager des Ölkonzerns ExxonMobil, dürfte nicht der größte Freund eines Abschieds von fossilen Energien sein. Gabriel hat denn auch deutlich gemacht, dass Deutschland das G20-Treffen nutzen wolle, „um unser Land und Europa als weiterhin faire, aber auch selbstbewusste Partner anzubieten“.

17 Ziele stehen auf der Agenda

Zu fairer Partnerschaft in einer multilateralen Welt wollen die G20 in Bonn auch die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung voranbringen. Dazu haben die UN insgesamt 17 Ziele wie sauberes Wasser und Sanitärversorgung, Bildung, Klimaschutz, bezahlbare und saubere Energie und auch den Kampf gegen Hunger formuliert, die bis 2030 erreicht sein sollen.

Zudem will die Gruppe der 19 wichtigsten Industrie- und Schwellenländern und der Europäischen Union (G20) unter deutscher Präsidentschaft auch die Zusammenarbeit mit Afrika auf ein neues Niveau heben.

Der deutsche G20-Vorsitz zielt darauf ab, mit konkreten Maßnahmen die Lebensbedingungen der Menschen dauerhaft zu verbessern und stabile Rahmenbedingungen für Investitionen zu schaffen. Auch will sie den Ausbau der Infrastruktur in Afrika fördern.

Mit dem G20-Außenministertreffen kommt erstmals nach 2011, als die Afghanistan-Konferenz im ehemaligen Plenarsaal am Rhein tagte, ein hochrangiges internationales Großereignis nach Bonn. Gabriel freut sich auf die zwei Tage in der Bundesstadt am Rhein.

„Die UN-Stadt Bonn ist der ideale Standort für unser Treffen. Frieden und Konfliktprävention, Nachhaltigkeit und Klimawandel, für all das steht der UN-Standort Bonn, und das sind auch die großen Themen des deutschen G20-Vorsitzes“, sagte Gabriel dem General-Anzeiger. „Bonn hat eine große und lange Tradition großer internationaler Konferenzen, mit dem neuen Konferenzzentrum nun auch ein echtes Schmuckstück. Ich freue mich auf Bonn“, so Gabriel weiter.

Wenn die G20 ihre Abschlusserklärung in Bonn verfasst haben, zieht die diplomatische Karawane weiter nach München, zur 53. Auflage der Sicherheitskonferenz. Wie hatte Frank-Walter Steinmeier seinem Nachfolger im Auswärtigen Amt noch mitgegeben. „Lieber Sigmar Gabriel, kurz gesagt: „Die Welt ist zwar nicht besenrein, aber das Auswärtige Amt ist gut gerüstet!“ Gabriel muss sich jetzt rüsten: für sein Treffen mit Tillerson und seinen Vorsitz der G20.

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