Porträt - Heiko Maas In der Klemme

BERLIN · Ein heißes Eisen. Vorratsdatenspeicherung. Heiko Maas soll es biegen. Ob er will oder nicht. Und der Bundesjustizminister will eher nicht.

 Heiko Maas.

Heiko Maas.

Foto: dpa

Der Volljurist aus dem Saarland soll ein Gesetz auf den Weg bringen, das er selbst wie auch viele Angehörige des linken Parteiflügels in der SPD ablehnen, mindestens jedoch kritisch sehen: die "anlasslose", also ohne jeden Verdacht ausgelöste Speicherung von Kommunikationsdaten aller Bürger. Wer mit wem wann telefoniert oder wer wem E-Mails schreibt, dies sollen Fahnder als Ermittlungsinstrument im Kampf gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität an die Hand bekommen.

Am vergangenen Wochenende erhielt Maas eine Art Auftrag. "Ich bin der Überzeugung, wir brauchen das", hatte sich SPD-Chef Sigmar Gabriel für die Wiedereinführung der Datenspeicherung auf Vorrat ausgesprochen. Maas, selbst Vorsitzender der Saar-SPD, soll nun einen Gesetzentwurf für eine Vorratsdatenspeicherung vorlegen, die ein SPD-Bundesparteitag im Dezember 2011 in Berlin noch abgelehnt hatte.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi warnte umgehend vor Aktionismus oder vorauseilendem Gehorsam: "Ich kann jedem nur abraten, den guten Parteitagsbeschluss zur Vorratsdatenspeicherung vom Dezember 2011 zu lesen, bevor man ihn leichtfertig abtut." Gabriel wiederum verweist darauf, der Parteitagsbeschluss habe die damalige Rechtslage in Deutschland abgelehnt, weil diese "verfassungswidrig" gewesen sei. Jetzt aber sollen "die Kollegen de Maizière und Heiko Maas gemeinsam einen solchen Vorschlag entwickeln müssen" für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland, weil Politik und Sicherheitsbehörden die Augen nicht vor der Wirklichkeit verschließen könnten.

Schon über die gesamte vergangene Legislaturperiode hatten sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ein Duell um die Vorratsdatenspeicherung geliefert. Friedrich wollte sie, Leutheusser lehnte ab, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mischte sich nicht ein. Unentschieden - kein Gesetzentwurf. Jetzt soll Maas liefern und muss dabei aufpassen, nicht Opfer seiner Überzeugungen zu werden - wie einst Leutheusser-Schnarrenberger, die Ende 1995 wegen der Einführung des Großen Lauschangriffs ihren Rücktritt als Bundesjustizministerin ankündigte.

Dass der 48-jährige Maas, für den es im Saarland nie zum Sprung auf den Stuhl des Ministerpräsidenten gereicht hat, am Wort von Parteichef und Vizekanzler Gabriel vorbei Tatsachen schaffen kann, ist sehr unwahrscheinlich.

Der Justizminister mit zusätzlicher Ressortzuständigkeit für Verbraucherschutz kann sich auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2010 sowie ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem vergangenen Jahr stützen, nach denen - unter dem Strich - die Vorratsdatenspeicherung zwar nicht grundsätzlich verboten ist, ihrer Anwendung aber doch enge rechtliche Grenzen gesetzt werden.

So könnte Maas versuchen, die Speicherung von Kommunikationsdaten auf ganz bestimmte Anlässe und konkrete Gefahren zu beschränken, dabei die Speicherfristen verkürzen und Berufsgeheimnisträger wie Ärzte, Anwälte oder Journalisten ausnehmen. Es gehe um eine "Quadratur des Kreises", wie es der SPD-Netzpolitiker Lars Klingbeil formulierte. Maas muss die Formel finden, denn einen Abgang wie Leutheusser 1995 wird er nicht wollen.

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