Sicherheit im Netz Internet und soziale Netzwerke ziehen Gauner an

BRÜSSEL · Die ständige Ausdehnung der digitalen Welt hat eine Schattenseite: Gauner und Verbrecher machen sich die neuen Netze zunehmend für ihre Geschäfte zunutze. Tag für Tag werden nach Schätzungen eine Million Menschen Opfer der verschiedenen Formen von "Cyber-Crime".

 Kriminalität im Netz nimmt zu: Nicht nur Jugendliche wurden schon einmal ausspioniert.

Kriminalität im Netz nimmt zu: Nicht nur Jugendliche wurden schon einmal ausspioniert.

Foto: dpa

Fast jeder dritte EU-Bürger, der übers Internet einkauft und Bank-Geschäfte erledigt, hat dabei ein mulmiges Gefühl. ENISA, die Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit, und das geplante Cybercrime-Zentrum, angesiedelt bei Europol in Den Haag, sollen für mehr Kundenvertrauen sorgen.

Eine aktuelle Umfrage im Auftrag der EU-Kommission zeigt, welchen zentralen Platz die Netz-Kommunikation mittlerweile im privaten und geschäftlichen Leben der meisten EU-Bürger einnimmt: 53 Prozent kaufen Waren oder Dienstleistungen online ein. Fast genauso viele tummeln sich in den sozialen Netzwerken.

48 Prozent bezahlen Rechnungen per Computer, und immerhin jeder Fünfte macht umgekehrt, als Anbieter, Gebrauch von den digitalen Kanälen. Jeder Vierte benutzt für den Zugang ein Smartphone. Schon sechs Prozent haben dafür ein Tablet zur Verfügung.

Doch 29 Prozent der Bürger sind misstrauisch wegen der Sicherheit. Die meisten haben Angst vor dem Missbrauch persönlicher Daten und Zahlungsbetrug. Nicht ohne Grund: Fast jeder Achte ist schon einmal Opfer eines Internet-Betrügers geworden. Zehn Prozent fühlen sich von einem ständigen Strom von Schrott-Mails ("Spam") belästigt, 15 Prozent klagen über rassistisches oder religiöses Hass-Material.

Die Beeinträchtigung oder Bedrohung ist keine Einbildung, sie entspricht der tatsächlichen Entwicklung an den neuen Tatorten: Der illegale Umgang mit den digitalen Netzen hat viele Facetten. Er reicht vom Betrug über sexuellen Missbrauch bis zu großangelegten Angriffen auf Leitungen und Speicher, von denen die Infrastruktur großer Firmen oder ganzer Länder abhängt. Die ENISA, die sich seit 2005 von Kreta aus für die EU um die Sicherheit im Netz kümmert, zählt einige der spektakulärsten Fälle aus jüngerer Zeit auf:

Im Juni knacken Hacker das Firmen-Netz des Sozial-Netzwerks LinkedIn und klauen Millionen Passwörter; im Dezember zerstört der Sturm Dagmar Telefon- und Internet-Verbindungen in Skandinavien; im Oktober 2011 sind Millionen Kunden des kanadischen Smartphone-Anbieters Blackberry vom Zugang zu E-Mail und Internet abgeschnitten, weil ein Rechenzentrum in Großbritannien ausfällt; im Spätsommer 2011 verschafft sich ein Hacker Sicherheitszertifikate der niederländischen Firma DigiNotar und benutzt sie zu Abhör-Angriffen auf Hunderttausende Iraner; im April 2010 wird der Netz-Verkehr amerikanischer Regierungsstellen und Firmen durch einen Hacker-Trick 18 Minuten lang auf chinesische Server umgeleitet. Ein Haupthindernis beim Kampf gegen "E-Crime" ist die Geheimniskrämerei.

"Vorfälle im Netz werden bei ihrer Entdeckung meist geheim gehalten, wodurch sowohl Kunden als auch Politiker im Dunkeln tappen bezüglich Häufigkeit, Auswirkung und Gründen", kritisiert die ENISA. Das Amt dringt auf eine einheitliche Meldepflicht: "Um die Sicherheit in der ganzen EU zu verbessern, sollten alle Mitgliedsstaaten sich auf einheitliche Standards verständigen." Am 1. Januar 2013 soll außerdem die neue Cybercrime-Abteilung EC3 bei Europol die Arbeit aufnehmen und den nationalen Behörden helfen, Netz-Straftäter dingfest zu machen.

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