"Ein- und Ausreisen registrieren" Interview mit Joachim Herrmann über die Flüchtlingspolitik

München · Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) spricht im Interview über Flüchtlingspolitik, das Werkstattgespräch der CDU und den Frieden mit der Schwesterpartei.

 Joachim Herrmann (62) ist seit 2007 Innenminister in Bayern.

Joachim Herrmann (62) ist seit 2007 Innenminister in Bayern.

Foto: picture alliance/dpa

Was werden Sie bei dem Werkstattgespräch einbringen?

Joachim Herrmann: Aus meiner Sicht geht es vor allem darum, dass wir Fluchtursachen bekämpfen. Da müssen die Initiativen zur Entwicklung in Afrika, zur Bekämpfung von Hunger wesentlich intensiviert werden. In den allermeisten Fällen haben die Menschen, die aus Afrika zu uns kommen, keine Gründe für Asyl, aber wirtschaftliche Not und Hunger. Das muss angepackt werden, nicht indem wir einen Plan machen, sondern indem wir sehr schnell handeln.

Planen Sie, weitere Themen anzusprechen?

Herrmann: Wir brauchen eine klare Kontrolle darüber, wer in die Europäische Union einreist. Ich komme gerade aus Washington zurück, wo wir über diese Sicherheitsfragen geredet haben. In den USA hat man nach den Anschlägen von 2001 ein umfassendes Registrierungssystem für alle Ein- und Ausreisen geschaffen. Das funktioniert dort hervorragend. Auch die EU braucht dringend ein solches Ein- und Ausreiseregister. Das betrifft nicht nur die Flüchtlingsfragen. Das betrifft jeden, der mit einem Touristenvisum irgendwo einreist. Von dem weiß heute kein Mensch, ob der nach drei Monaten auch irgendwo wieder ausreist oder wo er sich gerade aufhält. Das ist schon aus Sicherheitsgründen unerträglich und muss konsequent geände rt werden.

Wird es beim Werkstattgespräch auch um eine Art „Vergangenheitsbewältigung“ gehen?

Herrmann: Ich werde mich mit der Vergangenheit nicht beschäftigen. Die Bewertungen der Jahre 2015 und 2016 sind hinreichend ausgetauscht. Keiner kann die Vergangenheit ändern. Wichtig ist, dass wir für die Zukunft eine klare Linie haben, die die Bevölkerung nachvollziehen kann. Dazu gehört das klare Bekenntnis, dass sich eine Situation wie 2015 nicht wiederholen darf. Dazu gehört auch die Obergrenze, die wir vor einem Jahr versprochen und die wir gehalten haben. Wir haben 200 000 gesagt, der Koalitionsvertrag hat das als „Korridor“ übernommen und jetzt sind wir bei rund 160 000 Flüchtlingen – allen Unkenrufen zum Trotz konnte die Obergrenze also deutlich unterschritten werden. Unser Ziel ist jetzt, die Zahlen noch weiter nach unten zu bringen, daran arbeiten wir.

Kann die Flüchtlingspolitik für die Union zu dem zu werden, was für die SPD die Agenda 2010 ist, also zur Spaltung beiträgt?

Herrmann: Nein. Wir haben klare Signale der beiden neuen Parteivorsitzenden von CDU und CSU, dass mit der Streiterei Schluss sein muss. Wir werden immer mal wieder verschiedener Meinung sein, aber konsequent und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Vor dem Hintergrund habe ich mich über die Einladung zum CDU-Werkstattgespräch gefreut. In der Regierung muss man den Menschen Lösungen anbieten, hier hat die SPD Fehler gemacht. Wer in der Regierung ist und bleiben will, darf sich nicht wie eine Oppositionspartei aufführen.

Müssen sich die beiden neuen Parteichefs deutlicher von Merkel absetzen, um CDU und CSU besser aufzustellen?

Herrmann: Wir alle haben eine zukunftsfähige, starke, überzeugende Politik zu formulieren. Da geht es nicht darum, zu irgendwem auf Abstand zu gehen. Da geht es um die Erwartung in beiden Parteien, dass CDU und CSU mit ihren neuen Chefs auch in neuer Stärke agieren.

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