Rettung von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer Italien will auch Marine-Schiffe der EU-Mission „Sophia“ stoppen

Berlin · Italien überrascht die EU-Partner: Schiffe der EU-Marine-Mission sollen mit Geretteten nicht mehr anlanden dürfen.

 Rückkehr von einer „Sophia“-Mission: Die Fregatte „Sachsen“ am Marinestützpunkt in Wilhelmshaven. FOTO: DPA

Rückkehr von einer „Sophia“-Mission: Die Fregatte „Sachsen“ am Marinestützpunkt in Wilhelmshaven. FOTO: DPA

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Mit ihrem angedrohten Anlandungsstopp selbst für Marine-Schiffe der EU-Mission „Sophia“ hat Italien die EU-Partner überrascht. Im jüngsten Abschlusskommunique des EU-Gipfels war zwar von „gemeinsamen Anstrengungen“ nach der Rettung von Flüchtlingen aus dem Mittelmeer die Rede. Doch das zielte auf den Aufbau „kontrollierter Zentren“, sollte also irgendwann angegangen werden.

Insofern brauchten die EU-Botschafter im Sicherheitspolitischen Komitee gleich mehrere Sitzungen, um die Konsequenzen zu beraten. Die Ankündigung der EU-Kommission, bis Jahresende den „Sophia“-Einsatzplan zu überprüfen, reicht Rom nicht. Die neue Regierung beschleunigt ihren migrationsfeindlichen Kurs.

Eigentlich steht bei der Mittelmeermission der EU der Kampf gegen Schleuser im Mittelpunkt. 140 Beschuldigte nahmen italienische Behörden seit 2015 auf diesem Weg in Gewahrsam. Doch mit der Benennung des Einsatzes nach einem auf einer deutschen Fregatte geborenen somalischen Mädchen gab sich die Operation einen betont humanitären Anstrich. Deutsche Soldaten retteten bislang mehr als 20.000 Schiffbrüchige. Insgesamt holte „Sophia“ fast 50.000 Menschen aus dem Meer.

Doch Italien hatte sich bereits geweigert, von privaten Organisationen gerettete Flüchtlinge an Land zu lassen, und diese erst passieren lassen, nachdem andere EU-Länder sich zur Aufnahme verpflichtet hatten.

Aus Regierungskreisen in Berlin verlautete die Befürchtung, dass sich nach diesem Muster auch die Anlandung von „Sophia“-Schiffen mit Geretteten an Bord nun regelmäßig über Tage und Wochen hinziehen könnte.

Zugleich verhandelte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt mit dem italienischen Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini. Es sei darum gegangen, die „Migration über die Südroute zu ordnen und zu begrenzen“, berichtete Dobrindt. Dabei ging es erkennbar aber vor allem um die Voraussetzungen, in Italien registrierte Flüchtlinge an der bayerischen Grenze zurückweisen zu können.

Die inneritalienische Debatte ist emotional sehr aufgewühlt, obwohl auch hier die Flüchtlingszahlen deutlich zurückgegangen sind. Rasend schnell verbreitete sich laut italienischen und österreichischen Medien etwa ein Foto mit Tausenden von Menschen auf Booten und in einem Hafengelände und der Behauptung, sie alle wollten in Kürze Libyen verlassen. Tatsächlich zeigte das Bild ein Pink-Floyd-Konzert in Venedig im Jahr 1989.

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