Kliniken in NRW Jedes zweite Krankenhaus schreibt rote Zahlen

DÜSSELDORF · Jede zweite Klinik in NRW schreibt rote Zahlen. Nach Angaben der Krankenhausgesellschaft (KGNW) sind die Grenzen der finanziellen und personellen Belastbarkeit der 385 Krankenhäuser in Nordrhen-Westfalen vielfach überschritten.

 Die Krankenhausgeschäftsführer schlagen Alarm: Immer mehr Kliniken machen Verluste.

Die Krankenhausgeschäftsführer schlagen Alarm: Immer mehr Kliniken machen Verluste.

Foto: dpa

Der Vizepräsident der KGNW, Joachim Finklenburg, forderte einen finanziellen Kraftakt von Bund und Ländern. "Nicht nur Brücken sind in NRW marode, sondern auch Krankenhäuser."

In einer bundesweiten, drei Millionen Euro teuren Image-Kampagne wollen die Kliniken auf ihre katastrophale Lage aufmerksam machen. Eine höhere Arbeitsdichte des Personals sei nicht möglich, mahnte Finklenburg. Schon heute versorge eine Pflegekraft 22,2 Patienten - damit liege Deutschland international auf einem der letzten Plätze. Wer mehr Sicherheit und Qualität verlangt, muss aus Sicht der KGNW eine bessere Personalausstattung finanzieren. Derzeit haben die NRW-Kliniken rund 250.000 Mitarbeiter.

Nach den Plänen der NRW-Landesregierung sollen in den nächsten zehn Jahren 8600 der rund 121.000 Klinikbetten abgebaut werden. Seit 1985 sank die Zahl der Kliniken bereits von 485 auf 385 Krankenhäuser. Laut KGNW fehlen rund 1000 Ärzte in NRW.

Die Krankenhausgesellschaft warf den Bundesländern mangelnde Investitionsbereitschaft vor. Notwendig sei eine Investitionsquote von zehn Prozent - NRW erreicht nicht einmal vier Prozent. Bundesweit liege der Finanzierungsbedarf bei jährlich sechs Milliarden Euro, bereitgestellt werden nur 2,7 Milliarden Euro.

Allein in NRW fehlen 700 Millionen Euro. Der Geschäftsführer der Katholischen Kliniken (VKKD) Jürgen Braun, kritisierte, dass die Rationalisierung zu Lasten der Mitarbeiter in Service und Pflege gehe. "Wieder einmal werden dieses Jahr im Fallpauschalensystem die Entgelte für den Pflegedienst gekürzt."

Scharf kritisierte die Krankenhausgesellschaft die aus ihrer Sicht "völlig überzogene" Kritik an der Qualität und Patientensicherheit in Kliniken. Zuletzt hatte der AOK-Report für Aufsehen gesorgt, wonach in deutschen Kliniken jährlich 18.800 Kranke nach Behandlungsfehlern sterben. "Diffamierungen und Unterstellungen werden wir nicht länger hinnehmen", sagte Finklenburg. Es sei unverantwortlich, Patienten vor Operationen mit nicht belegten Behauptungen zu verunsichern.

Während in kommunalen und kirchlichen Kliniken 70 Prozent der Ausgaben Personalkosten sind, liegt die Quote bei privaten Trägern oft bei nur 50 Prozent. "Eine Kommune darf das Weihnachtsgeld nicht kürzen", sagte Finklenburg. Außerdem hätten Träger privater Klinikketten viele Servicebereiche zur Kostenersparnis ausgegliedert.

Die große Koalition aus CDU/CSU und SPD im Bund hatte im Koalitionsvertrag vereinbart, die Qualität in Kliniken durch Zuschläge zu verbessern oder Abschläge für schlechte Leistungen zu erteilen. Bundesweit gab es 2013 mehr als 18,3 Millionen Klinikbehandlungen.

Geschäftsführer Braun warnte davor, die Schwerstarbeit leistenden Pflegekräfte zusätzlich zu belasten. Ein weiterer Stellenabbau im Pflegebereich wäre unverantwortlich.

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