Das Porträt "Kalte Stimmung"

BERLIN · Kanzleramtsminister Ronald Pofalla provoziert die Krise in der Debatte um den Fiskalpakt.

 Ronald Pofalla

Ronald Pofalla

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Ronald Pofalla mag eine Lebensphilosophie besonders: "Kein Problem verschwindet dadurch aus der Welt, dass man es verschlossen hält", hat ein polnischer Lyriker einmal formuliert. Der Kanzleramtsminister hat zu Wochenbeginn offene Worte über die schnelle Realisierbarkeit der Finanztransaktionssteuer gewählt und damit die Oppositionsparteien bis aufs Blut gereizt. "Verarschung", grollte Grünen-Parteichefin Claudia Roth über die schwierige Kompromiss-Suche.

Am späten Montagabend saßen dann die Parlamentarischen Geschäftsführer der Regierungs- und Oppositionsparteien im Kanzleramt zusammen - ideale Gelegenheit, um eine Friedenspfeife zu rauchen. Daraus wurde nichts. Es habe eine "kalte Stimmung" geherrscht. Keine ideale Vorbereitung für den Regierungs/Oppositionsgipfel, der heute im Kanzleramt um 11 Uhr - unmittelbar nach der regulären Kabinettssitzung - beginnt. Projizierte Maximaldauer: zwei Stunden. Am Dienstag wurden noch einmal diverse Droh- und Druckkulissen aufgebaut.

Sichtbar um Ausgleich bemüht der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier, der nicht ausschließen wollte, dass man sich zwischen Regierung und Opposition noch verständigen werde und die Frist für das Inkrafttreten des Fiskalpaktes noch halbwegs einhalten kann: "Ich habe keinen Ehrgeiz, das über die Sommerpause hinwegzuschieben." Er forderte am Dienstag die Regierung zu "ernsthaftem Verhandeln" auf.

Das sei nach den Äußerungen Pofallas, der die Grundsatzeinigung auf eine Börsenumsatzsteuer eher als nicht ernstzunehmende Taktiererei charakterisierte, derzeit nicht mehr gegeben. Parteichef Sigmar Gabriel soll "wild entschlossen" sein, so ein Mitarbeiter, den Fiskalpakt in Bundestag und Bundesrat scheitern zu lassen, wenn Union und FDP in Sachen Börsenumsatzsteuer nicht öffentlich klein beigeben. In beiden Kammern braucht die Bundesregierung für den Fiskalpakt eine Zwei-Drittel-Mehrheit, die ohne die Hilfe der SPD-geführten Landesregierungen und der grün-roten nicht zu organisieren ist.

Alle Beteiligten gehen davon aus, dass bei dem heutigen Gipfel kein abschließender Konsens zu finden sein wird. Was aber nicht zwingend einem grundsätzlichen Scheitern gleichkommt: Wahrscheinlich wird man die am zum 1. Juli beginnende sitzungsfreie Zeit um eine Woche verkürzen.

Der Bundesrat, in dem erheblicher Streit um die Länderfinanzen bei Einführung des rigiden Sparzwanges ausgebrochen ist, sei schon häufiger in den Sommerferien zu Sondersitzungen zusammengetreten. Gabriel, Steinmeier und der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück machen heute auch demonstrativ internationalen Druck: Gemeinsam fliegen sie nach Paris, um mit dem neuen französischen Präsidenten Hollande eine "Koalition der Willigen" aufzubauen. Die Kontakte zu den europäischen Partnern dürften nicht mehr der Bundesregierung überlassen werden.

Auch der Kanzleramtsminister Pofalla wird gespannt auf den Gesprächsbericht der deutschen Botschaft in Paris warten.

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