Kieler Regierung gerettet: SSW behält Sonderstatus

Schleswig · Die Koalition in Schleswig-Holstein hat nach einem Urteil des Landesverfassungsgerichts weiter Bestand: Der Sonderstatus der mit SPD und Grünen regierenden Dänen-Partei SSW ist rechtens. Das Gericht in Schleswig wies Beschwerden gegen das Ergebnis der Landtagswahl vom Mai 2012 ab.

 Die Verfassungsrichter bestätigten den Sonderstatus des SSW in Schleswig-Holstein. Foto: Marcus Brandt

Die Verfassungsrichter bestätigten den Sonderstatus des SSW in Schleswig-Holstein. Foto: Marcus Brandt

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Es bestätigte zugleich die Fünf-Prozent-Sperrklausel. Die Beschwerdeführer - darunter Mitglieder der Jungen Union - sind damit gescheitert, und die Regierung behält ihre Ein-Stimmen-Mehrheit im Kieler Landtag.

Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ist als Partei der dänischen und friesischen Minderheit von der Fünf-Prozent-Hürde befreit. Er erhielt bei der vergangenen Wahl 4,6 Prozent der Stimmen - entsprechend drei Mandate - und ist erstmals an der Regierung beteiligt. Die Kläger hatten argumentiert, seine Privilegierung verstoße gegen die Grundsätze der Erfolgswertgleichheit der Stimmen und der Chancengleichheit der Parteien. Außerdem bezweifelten sie den Charakter des SSW als Minderheiten-Partei. Dieser sei mittlerweile eine gewöhnliche Partei, eine Befreiung von der Sperrklausel daher verfassungswidrig.

Laut Gerichtspräsident Bernhard Flor entschied das Gericht einstimmig, dass der SSW noch immer eine Partei der dänischen Minderheit und zudem die Sperrklausel generell mit der Landesverfassung vereinbar ist. Allerdings fiel die Entscheidung über die völlige Befreiung des SSW von der Fünf-Prozent-Klausel äußerst knapp. In einem Sondervotum hielten drei der sieben Richter dies für nicht gerechtfertigt. Auch bei nur einem Sitz verfüge die nationale Minderheit über eine parlamentarische Stimme, argumentierten sie.

Flor erklärte, als Minderheitenpartei müsse sich der SSW auch nicht auf Minderheitenthemen beschränken, wie die Beschwerdeführer verlangt hatten. Im Gegenteil: "Die Befassung mit allen politischen Themen gehört programmatisch zu jeder Partei." Um sich zu integrieren, müsse eine Minderheit allgemeinpolitisch Positionen beziehen.

Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) und SSW-Fraktionschef Lars Harms begrüßten das Urteil. Der Vorsitzende der Jungen Union und CDU-Landesvize, Frederik Heinz, beklagte: "Schade ist, dass das Gericht keine klaren Voraussetzungen genannt hat, was eine Partei der dänischen Minderheit ist."

Der Gerichtspräsident deutete an, dass die Fünf-Prozent-Hürde änderbar wäre: "Ob eine weitere Sperrklausel möglich ist, unterliegt dem Gesetzgeber. Derzeit ist das Quorum angemessen."

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2011 die Fünf-Prozent-Klausel bei Europawahlen für verfassungswidrig erklärt, weil sie gegen die Grundsätze der Wahlrechtsgleichheit und der Chancengleichheit der politischen Parteien verstoße. Daraufhin hatte der Bundestag in diesem Juni eine - umstrittene - Drei-Prozent-Hürde für Europawahlen beschlossen. Die Fünf-Prozent-Hürde für Bundestagswahlen hatten die Karlsruher Richter hingegen gebilligt.

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