Ausweitung des Ehegatten-Splittings Koalition streitet über die Gleichbehandlung von Homosexuellen

BERLIN · Eine Ausweitung des Ehegatten-Splittings auf eingetragen gleichgeschlechtliche Paare kostet den Bund pro Jahr etwa 30 Millionen Euro zusätzlich. Diese Zahl nannte am Mittwoch eine Sprecherin von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).

Die Summe sei aber nicht das Entscheidende, erklärte die Sprecherin weiter. Der Minister rate dringend dazu, auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu warten, das allerdings erst 2013 gefällt werde, nachdem sich der zuständige Senat in Karlsruhe wegen einer Euro-Klageflut für überlastet erklärt hatte.

Das Karlsruher Gericht hat binnen einer Woche in zwei Grundsatzentscheidungen die Rechte der Lebensgemeinschaften gestärkt. Ihre Benachteiligung bei der Erhebung der Grunderwerbsteuer sei augenscheinlich; der Gesetzgeber wurde verpflichtet, Altfälle bis ins Jahr 2001 rückwirkend zu entschädigen.

Auch in einem anderen Fall kamen die Richter zu einem eindeutigen Urteil zugunsten der Lebenspartnerschaften. Demnach können Beamte, deren Antrag auf Familienzuschuss für Lebenspartnerschaften in der Vergangenheit abgewiesen wurde, rückwirkend eine Nachzahlung fordern.

In Karlsruhe liegen drei Verfassungsbeschwerden vor: Die homosexuellen Kläger sehen eine verfassungswidrige Beeinträchtigung in der Tatsache, dass sie von dem Ehegattensplitting ausgenommen werden. Verfassungsgerichts-Beobachter legen sich auf den Ausgang nicht fest. Sie verweisen aber darauf, dass die zuständigen Richter mit ihren Entscheidungen eine inhaltliche Logik aufbauen, die sie in ihren Grundsatzentscheidungen in den meisten Fällen bestätigen.

Ein zweiter Aspekt: Wahrscheinlich erst mit dem Bekanntwerden des Richterspruchs aus Karlsruhe wird sich die Bundesregierung auf eine einheitliche Stellungnahme zu einem Bundesratsvorstoß verständigen. Die Länder hatten gefordert, dass im Jahressteuergesetz 2013 die Splitting-Lösung für eingetragene Lebensgemeinschaften berücksichtig wird.

Die FDP-Minister im Kabinett bestätigten, dass es hinter den Koalitions-Kulissen erheblichen Krach gibt: So hätten alle FDP-Ministerinnen und -minister Kritik an der Haltung der Union angemeldet, vorerst nicht in der Frage des Splittings aktiv zu werden. Die Bundesländer haben jedenfalls bisher keine Antwort auf ihr Anliegen erhalten. Demonstrativ meinte der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler gestern, es gebe erhebliche Indizien dafür, "dass auch im Bereich des Steuerrechts eine Gleichbehandlung geboten ist".

Auf Zurückhaltung stieß eine Idee der rheinland-pfälzischen CDU-Landesvorsitzenden Julia Klöckner. Sie setzt sich für eine Einführung eines Familien-Splittings ein, das auch Familien mit Kindern besser stellt. Chancen auf Realisierung werden der Idee vorerst nicht eingeräumt. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder ließ schon auf die extremen Kosten hinweisen.

Kanzlerin Angela Merkel will sich erst in der kommenden Woche nach der Rückkehr von ihrem Urlaub zu diesem Themenkomplex äußern.

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