Vorstandsklausur der CDU Kramp-Karrenbauer will sich Klimafrage stellen

Berlin · Annegret Kramp-Karrenbauer braucht nach der verlustreichen Europawahl einen Befreiungsschlag. Nun will sie mit ihrer Partei über Klimaschutz diskutieren.

 Kramp-Karrenbauer: Die CDU-Chefin lehnt eine Steuer auf den Ausstoß von CO2 ab.

Kramp-Karrenbauer: Die CDU-Chefin lehnt eine Steuer auf den Ausstoß von CO2 ab.

Foto: dpa

Annegret Kramp-Karrenbauer braucht nach all dem Ungemach der vergangenen Tage einen Befreiungsschlag. An diesem Sonntag und Montag kommt ihr CDU-Vorstand in Berlin zusammen, um die "asymmetrische Wahlkampfführung" zu analysieren. Der Spitzenkandidat bei der für die Union verlustreichen Europawahl, Manfred Weber (CSU), ist auch dabei. Beschlüsse sind nicht geplant. Aber irgendetwas muss passieren, damit die Parteichefin wieder Boden gutmachen kann. Der CDU brennt auch gerade ein Thema unter den Nägeln, für das ihr in der Bevölkerung so gut wie keine Kompetenz zugemessen wird: der Klimaschutz.

Die innerparteiliche Debatte entzündet sich zum einen an der Frage, ob das Fahren mit schweren, emissionsstarken Autos künftig deutlich teurer werden muss, damit das deutsche Klimaziel für 2030 noch erreicht werden kann. Zum anderen gibt es in der Unionsfraktion eine Gruppe von Abgeordneten, die die Empfehlungen der Kommission für den Kohleausstieg nicht uneingeschränkt mittragen wollen.

Laut einem Diskussionspapier, das die CDU-Landesvorsitzenden Bernd Althusmann (Niedersachsen) und Thomas Strobl (Baden-Württemberg) im Auftrag der Partei erarbeitet haben, soll sich die Union künftig für eine "verbindliche Preisempfehlung für CO2" aussprechen. Kohlendioxid und andere Treibhausgase sollen künftig "bepreist werden – transparent und global", heißt es in dem Papier. Eine CO2-Steuer lehnt die CDU jedoch nach wie vor ab. "Wir favorisieren dabei den Zertifikatehandel, weil er ein Mindestziel der Emissionsreduktion deutlich genauer erreichen kann als eine Steuer", heißt es in dem Papier.

Die Autoren folgen damit einer Vorgabe Kramp-Karrenbauers, die eine CO2-Steuer bereits abgelehnt hatte. Bei einer solchen Steuer würden die Preise für Benzin und Heizöl erhöht, indem etwa auf die Mineralölsteuer ein Prozentsatz draufgeschlagen würde. Konzepte sehen vor, dass die Einnahmen den Bürgern am Jahresende komplett zurückgegeben würden. Wer sich klimafreundlich im Verkehr verhält, könnte auf diese Weise belohnt werden – wer viel CO2 produziert, dagegen bestraft.

Die Union lehnt dieses Konzept jedoch ab, weil sie Steuererhöhungen ausgeschlossen hatte. Sie setzt stattdessen auf die Einbeziehung des Verkehrs und anderer Sektoren in den Zertifikatehandel, der auf EU-Ebene für Industrie, Energiewirtschaft und Teile des Luftverkehrs bereits existiert. Hier würde wahrscheinlich bei jenen angesetzt, die Benzin oder Heizöl in Verkehr bringen, oder bei Raffinerien: Auch sie müssten künftig Zertifikate erwerben. Dadurch würde sich Benzin und Heizöl ebenfalls verteuern.

Experten halten diese Lösung aber für zu langwierig, in der EU kaum für durchsetzbar oder für zu wenig wirksam, weil der Zertifikatepreis nicht hoch genug steigen dürfte. "Die Bundesregierung muss jetzt Klimaschutzmaßnahmen vorlegen, die schnell umsetzbar sind. Die Einbeziehung des Verkehrs in den Emissionshandel zählt nicht dazu, das ginge höchstens in einigen Jahren, sagt etwa Patrick Graichen, Chef der Denkfabrik Agora Energiewende.

Die Landeschefs Althusmann und Strobl schlagen einen Mix weiterer Maßnahmen vor. So soll die Photovoltaik an Gebäuden weiter ausgebaut werden. "Die EEG-Umlage auf Eigenverbrauch bei Solarstrom wollen wir wieder abschaffen", heißt es im Diskussionspapier. Für die energetische Gebäudesanierung wollen sie einen "Sonderfonds" einführen. Sie setzen zudem auf neue synthetische Kraftstoffe, autonomes Fahren, eine fahrradfreundlichere Infrastruktur und "Flugtaxis" bis spätestens 2025. Innerparteilich wird aber auch über eine höhere Kfz-Steuer für emissionsstarke Autos nachgedacht. Auch dies ist umstritten, weil hier eine Steuer erhöht würde.

Wirbel um Suche eines neuen Bundesgeschäftsführer

Eine ganz andere Baustelle hat Kramp-Karrenbauer unterdessen bei der Nachfolge von CDU-Bundesgeschäftsführer Klaus Schüler. Der Wunschkandidat der Chefin war eigentlich ihr politischer Berater und Vertrauter, Schülers derzeitiger Stellvertreter Nico Lange. Wegen verschiedener Pannen im Konrad-Adenauer-Haus, etwa die unprofessionelle Reaktion auf das millionenfach geklickte Youtube-Video gegen die CDU und für mehr Klimaschutz, wird in der Parteiführung Druck auf Kramp-Karrenbauer ausgeübt, Lange nicht auf den Posten zu setzen.

Möglicherweise holt sich die frühere saarländische Ministerpräsidentin deshalb die Verstärkung eines Vertrauten aus Saarbrücken. Das Vorschlagsrecht hat allerdings Generalsekretär Paul Ziemiak. Dem Vernehmen nach werden bei der Klausur weder über das CO2-Papier noch über die Personalie entschieden. Ein Signal des Aufbruchs wird noch gesucht.

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