Deutschland und Griechenland Krieg der Stereotype

KÖLN · Die Gesichtszüge weich, die Figur leicht untersetzt, wirkt Nikos Kotzias auf den ersten Blick wie der nette Onkel, dessen verschmitzte Art jedes Familienfest aufheitert. Doch der griechische Außenminister findet deutliche Worte, wenn es um europäische Politik gegenüber Griechenland geht.

 Redete Klartext: Nikos Kotzias findet, dass die Troika die Korrupten schützt und die griechische Bevölkerung leiden lässt.

Redete Klartext: Nikos Kotzias findet, dass die Troika die Korrupten schützt und die griechische Bevölkerung leiden lässt.

Foto: Dyck

"Ihr wollt uns ersticken", hatte er deutschen Politikern zuletzt vorgeworfen. Griechenland sei zur Schuldenkolonie gemacht worden. Zu Gast in Köln wurde Kotzias im Tonfall diplomatischer. Dort trat der Volkswirtschaftler im Rahmen des Philosophie-Festivals phil.Cologne auf.

Das angespannte Verhältnis zwischen Berlin und Athen betrachtet Kotzias als Krieg der Stereotype. Es ist das Bild in den Köpfen von Griechen und Deutschen vom jeweils anderen, das der Außenminister anprangert. Aus dem lebensfrohen Griechen sei nun der faule Grieche geworden, aus dem fleißigen Deutschen der disziplinarische Kommissar.

Im Gespräch mit Harald Schumann vom Tagesspiegel bekam Kotzias durchaus unbequeme Fragen gestellt, die er mal mehr, mal weniger ausführlich beantwortete. Fragen etwa zu Vetternwirtschaft, die seiner Regierung vorgeworfen wird.

Abseits davon bot der griechische Außenminister ein gänzlich anderes Bild von seinem Land, als es hierzulande häufig gezeichnet wird. Ein Land, das auf Hilfe von außen zwar angewiesen sei, das zugleich aber einen Neuanfang und ein Ende strenger Austeritätspolitik braucht.

Ein Land, dessen Mittelstand um 300 000 Menschen geschrumpft sei, dessen korrupte Eliten von der Troika, einem Zusammenschluss aus Europäischer Zentralbank, Europäischer Kommission und Internationalem Währungsfond, weitgehend unbehelligt geblieben sei, während die Mehrheit der Bevölkerung unter sozialen Einschnitten leide.

Es ist Deutschlands Geschichte als Schuldnerland, auf die Kotzias schließlich verwies. Als es darum gegangen sei, wie Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg seine Kredite bedienen könne, habe es auf der Londoner Konferenz von 1948 zwei Grundsätze gegeben.

Erstens habe man Deutschland ein reales Wirtschaftswachstum als Voraussetzung für Rückzahlungen zugestanden, weil beide Seiten ein Interesse daran gehabt hätten. Zweitens sei es gewollt gewesen, dass Deutschland zur Exportnation wird. Davon profitiere es noch heute. Griechenland werde eine solche Option verweigert. Kotzias: "Was zurzeit passiert, ist öffentliche Erpressung."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort