NRW-Justizminister Kutschaty droht kriminellen Familienclans mit hartem Vorgehen

DÜSSELDORF · Rockerbanden und kriminelle Familienclans übernehmen ganze Stadtviertel in Essen, Duisburg, Köln oder Dortmund? In NRW ist ein heftiger politischer Streit über ein Entstehen rechtsfreier Räume in einzelnen Städten an Rhein und Ruhr ausgebrochen.

 Hält Gesetzesänderungen für unnötig: Die Strafen für Angriffe auf Polizisten reichen aus, sagt Justizminister Thomas Kutschaty (SPD). FOTO: DPA

Hält Gesetzesänderungen für unnötig: Die Strafen für Angriffe auf Polizisten reichen aus, sagt Justizminister Thomas Kutschaty (SPD). FOTO: DPA

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Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) wies Vorwürfe von Opposition und Polizeigewerkschaften zurück, das Land überlasse Rockerbanden und kriminellen Familienclans ganze Stadtviertel in Duisburg, Essen, Dortmund und Köln. "Die Justiz lässt rechtsfreie Räume nicht zu, und die gibt es auch nicht", sagte Kutschaty dieser Zeitung. "Sobald Staatsanwälte Hinweise haben, werden Delikte hartnäckig und konsequent von den Gerichten verfolgt."

In der Antwort auf eine FDP-Anfrage hatte Kutschaty einräumen müssen, dass schwere Straftaten von Rockerbanden aus den Jahren 2011 bis 2013 bis heute nicht zur Verhandlung gekommen sind. Der Justizminister lasse die völlig überlasteten Strafkammern "absaufen", so dass Schwerkriminelle weiter in Freiheit wirken könnten, klagte FDP-Experte Dirk Wedel. 2014 hatten Rocker in NRW 111 Gewalttaten begangen. Wedel kritisierte, dass die NRW-Behörden keinen Gesamtüberblick über das Ausmaß der Straftaten von Rockern sowie libanesischer Familienclans liefern könnten.

Der NRW-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, warnte bereits vor "No-Go-Areas" etwa in Duisburg-Marxloh, in die sich die Polizei nur noch mit Verstärkung hineintraue. Zuletzt hatte es wiederholt auch direkte Angriffe auf Polizisten gegeben.

Kutschaty hält eine Strafverschärfung allerdings für unnötig. "Bei Angriffen auf Polizisten drohen Strafen bis zu fünf oder zehn Jahren Haft", sagte Kutschaty. Auch die Forderung des NRW-Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Erich Rettinghaus, nach einer Umkehr der Beweislast bei Vermögen von Kriminellen lehnte Kutschaty als "Populismus" ab. "Der Rechtsstaat muss nach der Unschuldsvermutung eine Straftat nachweisen und darf dem Bürger nicht den Nachweis zumuten, woher er sein Auto hat."

Zunehmende Einschüchterungen, das gewalttätige Auftreten von Familienclans und das gezielte Verhindern polizeilicher Maßnahmen etwa in Duisburg treiben Opposition und Polizeigewerkschaften aber um. "Wir dürfen kriminellen Banden nicht die Straße überlassen", sagte GdP-Landeschef Arnold Plickert. Für die FDP bleibt es unverständlich, warum NRW trotz Landeskriminalamt und Sonderdezernaten für organisierte Kriminalität keinen aktuellen Gesamtüberblick über Maßnahmen, Ermittlungen und Inhaftierungen im Bereich der Rockerkriminalität vorlegen kann. Allein in Duisburg gab es 2014 insgesamt 249 Attacken von Tätern auf Polizeibeamte.

Vor allem das Vordringen arabischer Familienclans bereitet der NRW-Polizei wachsende Sorgen. Im Ringen um die Vorherrschaft im Rotlichtmilieu kämpfen Rockerbanden immer häufiger mit Banden aus der Türkei, Rumänien, Bulgarien und dem Kosovo. Dabei würden in der Prostitution "Frauen wie Ware brutal gefügig gemacht", klagte FDP-Justizexperte Marc Lürbke. "Obwohl der Justizminister immer wieder die Wichtigkeit des Opferschutzes betont."

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