Ausstehende Löhne Landtagsstreit um Gehaltspanne an Unis

DÜSSELDORF · In der "Gehalts-Affäre" um ausstehende Löhne für fast 10.000 studentische Hilfskräfte an Hochschulen verlangt die Opposition im Landtag sofortige Abschlagzahlungen an alle Betroffenen.

 Praktische Forschungsarbeit: Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Münster.

Praktische Forschungsarbeit: Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Münster.

Foto: dpa

"Finanzminister Walter-Borjans hat eine Bringschuld", sagte FDP-Experte Marcel Hafke. Es sei untragbar, dass finanzschwache Studenten Abschläge auf überfällige Gehälter bei den Hochschulen beantragen müssten.

Mehr als 9500 neu- oder wiedereingestellte studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte ("Hiwis") warten seit Monaten auf Gehälter, weil im Landesamt für Besoldung (LBV) Software-Probleme die Auszahlung verzögern. Teilweise stehen April-Gehälter aus. Walter-Borjans sicherte zu, Mai-Gehälter bis spätestens September auszuzahlen. Jeder Hilfebedürftige könne aber auf Antrag innerhalb von Tagen Abschläge erhalten. Deshalb seien Unterstellungen, Studenten müssten "betteln" gehen, um Mieten und Essen zu zahlen, schlicht falsch.

Alle Fraktionen kritisierten die Verwaltungspanne und forderten schnelle Lösungen der Landesregierung. SPD-Experte Karl Schultheis erwartet, dass es mit den Zahlungen nach der großen Einstellungswelle zum Frühjahr im nächsten Semester besser klappt. CDU und FDP forderten Walter-Borjans auf, die Gehalts-Affäre zur Chefsache zu machen. Weiteres Thema auf der Tagesordnung im Landtag: die Inklusion. Trotz massiver Kritik zahlreicher Experten hält NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) an ihrem Gesetzentwurf zur Inklusion an Schulen fest.

Die "kritischen Stimmen" in der Sachverständigenanhörung Anfang Juni hätten sie nicht überrascht, sagte die Ministerin gestern im Düsseldorfer Landtag. Der Entwurf liege nun in den Händen des Landesparlaments, betonte Löhrmann. Die rot-grüne Regierung hatte ihr Gesetzesvorhaben zum gemeinsamen Lernen von behinderten und nichtbehinderten Kindern an Regelschulen im April in den Landtag eingebracht. Die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP forderten Löhrmann in einer hitzigen Debatte - erfolglos - auf, diesen Entwurf zurückzuziehen.

Der Entwurf sei eine "Katastrophe" und könne nicht zum Gelingen von Inklusion führen, sagte André Kuper von der CDU-Fraktion. FDP-Fraktionsvize Joachim Stamp meinte, es habe sich bei der Expertenanhörung nicht bloß um "kritische Stimmen" gehandelt, sondern um eine "Hinrichtung in Abwesenheit". Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Piraten, Monika Pieper, benannte viele Mängel. Der Entwurf müsse aber nicht zurückgezogen werden. Verbesserungen seien am vorliegenden Entwurf erreichbar.

Der Gesetzentwurf der NRW-Regierung - er sieht ab dem Schuljahr 2014/15 schrittweise einen Rechtsanspruch auf inklusiven Unterricht vor - war von Experten durchweg als lückenhaft, unzureichend oder gar untauglich kritisiert worden. Mehr Personal, systematische Fortbildung, kleinere Klassen und finanzielle Unterstützung seien nötig, hatten Vertreter von Schulen, Lehrern, Eltern, Kirchen, Sozialverbänden und Gewerkschaften gefordert.

Es waren auch rechtliche Bedenken geäußert worden, bis hin zur Einstufung des Entwurfs als verfassungswidrig. Sowohl die Sachverständigen als auch die drei Oppositionsfraktionen warfen der Regierung vor, sie wolle sich aus der finanziellen Verantwortung stehlen und den Kommunen die Kosten aufbürden. Der Städtetag kündigte an, sich notfalls vor Gericht gegen die Finanzlasten zu wehren.

Der NRW-Landtag hat gestern außerdem die Neuausrichtung des Verfassungsschutzes beschlossen. Das Gesetz setzt klare gesetzliche Vorgaben für den Einsatz von getarnten "V-Leuten" (Vertrauensleuten) des Verfassungsschutzes.

Danach darf der V-Mann keine erheblichen Straftaten begangen haben. Auch dürfen Geld- und Sachzuwendungen des Verfassungsschutzes nicht auf Dauer die einzige Lebensgrundlage des diskreten Informanten sein, damit keine Abhängigkeiten geschaffen werden. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) sprach vom bundesweit modernsten Verfassungsschutzgesetz.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Susanne Güsten, Istanbul,
zur Türkei-Reise von
Falsche Zeichen
Kommentar zum Treffen von Steinmeier mit ErdoganFalsche Zeichen
Zum Thema
Aus dem Ressort