Bertelsmann-Studie Lange Asylverfahren erschweren Jobsuche von Flüchtlingen

DÜSSELDORF · Asylbewerber müssen in Deutschland zu lange warten, bis ihr Verfahren bearbeitet wird und sie sich um eine Arbeitsstelle bemühen dürfen.

 Neu Wege bei der Jobvermittlung: Beim Speed-Dating für junge Asylsuchende und Flüchtlinge warten Jugendliche in Bremen auf ihr Beratungsgespräch.

Neu Wege bei der Jobvermittlung: Beim Speed-Dating für junge Asylsuchende und Flüchtlinge warten Jugendliche in Bremen auf ihr Beratungsgespräch.

Foto: dpa

Der steigende Bearbeitungsstau wird aus Sicht einer aktuellen Emnid-Umfrage im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung zum größten Integrationshindernis für Flüchtlinge. Anfang 2015 warteten mehr als 240 000 Flüchtlinge mehr als sieben Monate auf eine Entscheidung - inzwischen wickelt das zuständige Bundesamt für Migration (BamF) Verfahren in durchschnittlich fünf Monaten ab.

"Die fehlende Planungssicherheit erschwert vielen Flüchtlingen eine schnellere Eingliederung in den Arbeitsmarkt", kritisierte Ulrich Kober von der Bertelsmann-Stiftung. Zwar hat die Bundesregierung die Residenzpflicht (Flüchtlinge müssen am zugewiesenen Wohnort leben) und das Arbeitsverbot auf drei Monate verkürzt. "Die Arbeitgeber wissen aber nicht, ob sie einen Flüchtling anstellen können, weil die Bleibeperspektive ungeklärt ist."

Nach neuesten BamF-Zahlen wird inzwischen jeder zweite Asylantrag bewilligt. Bei Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien, Eritrea und dem Irak liegt die Schutzquote sogar bei fast 100 Prozent. Während Flüchtlinge aus Syrien aber mit einem Bescheid nach vier Monaten rechnen können, müssen Pakistani im Schnitt 17,4 Monate warten. NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) kritisierte, dass Flüchtlinge teilweise sogar bis zu 24 Monaten in Gemeinschaftsunterkünften bleiben müssen, bis sie die zweite Anhörung beim Bund haben. Die Bundesregierung will zur Beschleunigung der Prüfverfahren weitere 750 Stellen schaffen. Aus Sicht Jägers wird die Besetzung aller Stellen aber ein Jahr benötigen.

Damit Asylbewerber schneller eine Arbeit aufnehmen können, rät die Bertelsmann-Studie, frühzeitig Ausbildungsstand, Arbeitserfahrungen und Berufsperspektiven der Flüchtlinge zu erfassen und dem BamF zu melden. Dann könnte spätestens nach drei Monaten mit der Berufsvermittlung begonnen werden. Zudem könnte über einen Umzug in normale Wohnungen nach spätestens drei Monaten und durch den Aufbau persönlicher Netzwerke die Vermittlung vor Ort erleichtert werden.

Für unverzichtbar hält die Studie die schnelle Vermittlung von Deutschkenntnissen. Hier hat die NRW-Landesregierung bereits die Einstellung zusätzlicher Deutschlehrer beschlossen.

Laut Emnid-Umfrage wollen 84 Prozent der Bürger, dass Flüchtlinge schneller eine Arbeit aufnehmen können. "Je erfolgreicher und schneller die Integration in den Arbeitsmarkt gelingt, desto eher können Bedenken entkräftet werden", sagte Stiftungs-Vorstand Jörg Dräger. Eine Hürde liegt in der "Nachrangigkeitsprüfung". Danach dürfen Asylbewerber in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthalts noch immer erst dann eingestellt werden, wenn kein Deutscher oder EU-Bürger für den Job zur Verfügung steht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort