Israels Finanzminister Lapid zürnt den Israelis in Berlin
JERUSALEM · Israels Finanzminister Jair Lapid hat sich mit jungen Israelis angelegt, die zu Tausenden nach Berlin ziehen. Schätzungsweise 17 000 leben schon an der Spree.
Als Sohn von Holocaust-Überlebenden und Enkel eines ermordeten KZ-Häftlings sei es für ihn unverständlich, "wenn Menschen den einzigen jüdischen Staat in die Tonne treten, weil es einfacher ist, in Berlin zu leben", schrieb Lapid auf seiner Facebook-Seite. Der Eintrag löste heftige Reaktionen bei seinen Anhängern aus, die seit einer Woche munter im Netz diskutieren.
Eine Mutter, selbst Kind von Nazi-Verfolgten, zeigte Verständnis für Lapids Äußerungen, meinte aber, die Entscheidung der jungen Israelis habe "nichts mit Ideologie zu tun". Es ginge schlicht darum, dass das Leben in Israel zu teuer sei.
Für Lapid ist die Debatte peinlich, weil er mit dem Versprechen ins Amt gekommen war, Wohnungsnot, hohe Lebenshaltungskosten und niedrige Löhne zu bekämpfen. Israels Journalisten beugen sich über Statistiken und stellen fest, dass Angestellte in Deutschland, Frankreich und Großbritannien im Schnitt bis zu 40 Prozent mehr als ihre israelischen Kollegen verdienen.
Um die Wellen etwas zu glätten, schrieb Andreas Michaelis, der deutsche Botschafter, in einem Zeitungsbeitrag, Israelis erklärten ihm die Attraktivität Berlins damit, dass die Stadt "roh" und "unfertig" sei und sie dort "Gestaltungsfreiheit" hätten. Immerhin: Die meisten kämen nach Monaten oder Jahren auch wieder nach Israel zurück, berichtete am Sonntag die Zeitung "Haaretz" unter Berufung auf Michaelis.